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Auch im Deutschen Reiche kann die Gesetzgebung
der steten Einwirkung und Leitung durch die Exekutive
nicht entbehren?!. Der Zusammenschluss der Vollzie-
hung mit der Gesetzgebung ist zwar, insoweit in Reichsan-
gelegenheiten den Einzelnstaaten eine Vollziehung zukommt, in der
Organisation des Bundesrates gegeben; im übrigen besteht aber
nach der besagten Abänderung des Art. 17 zwischen der un-
mittelbaren Reichsverwaltung und der Gesetzgebung nach dem
Wortlaute der Verfassung, wie erwähnt, keine organische Verbin-
dung; sie muss aber aus der Vereinigung des Bundesprä-
sidiums mit der Krone Preussen entwickelt werden. Diese
‚verfassungsmässige Vereinigung ist die Garantie für die Durch-
führung des der hegemonischen Stellung Preussens entsprechen-
den Grundsatzes, dass die eigene Verwaltung des Reiches
sich stets und unbedingt in der nämlichen politischen
Richtung bewege wie diejenige Preussens. Der König von
Preussen ist aber wie bei Ausübung seiner rein preussischen Re-
gierungsrechte so auch bei Wahrnehmung der preussischen Mit-
gliedschaftsrechte im Bunde an die Mitwirkung der preussischen
Minister gebunden; also auch bei Delegierung und Instruierung
der preussischen Bundesratsbevollmächtigten und bei der Aus-
führung der Reichsgesetze in Preussen.
Es ist daher zu untersuchen, ob und welche staatsrechtliche
Verbindung einerseits zwischen dem Reichskanzler, an dessen
Gegenzeichnung die Ausübung der Präsidialbefugnisse gebunden
ist, andererseits dem preussischen Ministerium, dessen Gegen-
zeichnung für die Regierung des Königs von Preussen erforder-
lich ist, und dem Bundesrate besteht.
Staaten mit den Präsidialbefugnissen ausgestattet, so könnte man formell
juristisch die von dem Kaiser geltenden Grundsätze auf ihn zwar anwenden,
thatsächlich und politisch betrachtet, wäre das Kaisertum aber etwas durch-
aus Verschiedenes von dem, was es wirklich ist.“
2! Vgl. SrBEL im verf. Reichstag, HoLTZENDoRFF-BEZOLD a. a. O.1S, 583.