Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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behörden und der Verwaltung von Elsass-Lothringen zu preussi- 
schen Bevollmächtigten im Bundesrate zu ernennen, da diese 
Beamten im Bundesrate und seinen Ausschüssen vollständig un- 
entbehrlich waren. 
Die aus dem Wortlaute und dem System der Verfassung 
abgeleitete Vorschrift, dass der Reichskanzler zugleich preussischer 
Bundesratsbevollmächtigter sein müsse, schafft zwar hinsichtlich 
der Ernennung der Bevollmächtigten eine Ausnahme zu Ungunsten 
des preussischen Ministeriums. Während alle anderen Bevoll- 
mächtigten unter Gegenzeichnung der Ministerien der Einzeln- 
staaten ernannt werden, steht formell dem preussischen Ministe- 
rium trotz Art. 44 der preussischen Verfassung auf die Ernennung 
dieses Bevollmächtigten, der das verfassungsrechtlich und politisch 
einflussreichste Mitglied des Bundesrates ist, kein verfassungs- 
mässiger Einfluss zu, denn dieses Mitglied wird vom Kaiser unter 
Gregenzeichnung des Reichskanzlers ernannt, soferne eine solche 
Gregenzeichnung überhaupt thatsächlich erfolgt?”. Der Allerh. 
Erlass vom 14. Juli 1867, wodurch der Präsident des preussischen 
Staatsministeriums und Minister der auswärtigen Angelegenheiten 
zum Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes ernannt wurde, 
ist von zwei preussischen Ministern gegengezeichnet; staatsrecht- 
lich war diese Gegenzeichnung unzulässig, da es sich um die 
Ernennung eines Bundesbeamten handelte — eine Gegenzeichnung 
nach Massgabe der Verfassung des Norddeutschen Bundes konnte 
bei diesem Erlasse überhaupt nicht erfolgen, da ein gegenzeich- 
nender Bundeskanzler noch nicht existierte. 
9” BismArcks Entlassung und Caprıvis Ernennung erfolgten unter Gegen- 
zeichnung des Vizekanzlers v. BÖTTICHER ; ob diese Gegenzeichnung einen staats- 
rechtlichen Wert hatte, ist bestritten. SeypkL, Bayer. Staatsrecht, Bd. II S. 301 
Anm. 3 schlägt für Bayern die Ernennung und Entlassung der Minister in einer 
Urkunde und die Unterzeichnung der letzteren durch den neuen Minister vor. 
M. E. kann der neue Minister erst gegenzeichnen, nachdem er selbst unter 
Gegenzeichnung eines andern Ministers ernannt ist; hier zeigt sich, wie richtig 
hervorgehoben wurde, die Inkommensurabilität der konstitutionellen Verfassung.
	        
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