Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

— 337 — 
BERG (1810—1822), eine materielle Aufsichtsbefugnis 
gegenüber den Ressortministern eingeräumt oder es 
muss — und das wäre mit Rücksicht auf den enormen Umfang 
der Geschäfte richtiger — unter voller Aufhebung der Minister- 
präsidentschaft, dem Staatsministerium das Recht zu- 
gebilligt werden, in bestimmten Fällen Beschlüsse mit 
bindender Kraft für die einzelnen Ressortminister zu 
fassen. Ohne diese preussische Organisationsänderung würde 
auch ein Satz der Reichsverfassung, dass der Kanzler preussischer 
Ministerpräsident sein müsse, kaum mehr als die von HÄnEL 
(Studien II S. 59) hervorgehobenen negativen Wirkungen äussern. 
Ersatz für diese mangelnde organische Verbindung und Stärkung 
des kanzlerischen Einflusses im preussischen Ministerium hat man 
u. a. in der Uebertragung des preussischen Vizepräsidiums an den 
Generalstellvertreter des Reichskanzlers, in der Einreihung von 
Vorständen der Reichsbehörden (Spezialvertretern des Kanzlers) 
in das preussische Ministerium — wenn auch ohne Portefeuille — 
gesucht. Die Mangelhaftigkeit dieses Hilfsmittels ist jüngst auch 
weiteren Kreisen durch die unbestrittene Mittheilung, dass der 
Generalstellvertreter des Reichskanzlers im preussischen Ministe- 
rium (trotz 8 3 des Stellvertretungsgesetzes) gegen den Reichs- 
kanzler votiert hat, klar geworden. 
So entwickelt sich mit zwingender Notwendigkeit aus dem 
Axiom des Zusammenschlusses zwischen Reich und Preussen in 
der Exekutive die organische Verbindung des Reichskanzlers mit 
der preussischen Regierung; diese Verbindung ist aber insbeson- 
dere auch unentbehrlich, um die Reichsexekutive in die notwendige 
Verbindung zu setzen mit der Reichsgesetzgebung. Denn auf 
diesem Gebiete hat die Reichsverfassung, wie erwähnt, weder 
dem Kaiser noch dem Kanzler als Minister des Kaisers ein mate- 
rielles Mitwirkungsrecht eingeräumt. Soweit der Kanzler an der 
Gesetzgebung materiell mitwirkt, ist er zur Mitwirkung nur be- 
rechtigt als preussischer Bevollmächtigter und nur nach Mass-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.