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Schadensersatzbestimmungen, als in der Verkehrsordnung enthalten
sind, auszubedingen. Daher gilt dieser Theil des Reglements dem
Publikum gegenüber nur als Vertrag, nämlich nur, wenn es sich
demselben ausdrücklich unterworfen hat. Ganz unrichtig ist es
hiernach, die Verkehrsordnung als eine Bethätigung der Ver-
tragsfreiheit zu bezeichnen, wie dies durch LABAND geschieht.
Einmal können doch die Vorschriften, die positive Gebote ent-
halten, wie z. B. das Verbot, explosibele Stoffe zu benutzen, ganz
gewiss nicht als eine Bethätigung der Vertragsfreiheit bezeichnet
werden. Dies gilt von der Verkehrsordnung aber auch insoweit
nicht, wie sie den Bahnunternehmern gebietet, unter welchen
Bedingungen sie ihre Transportverträge abschliessen sollen. Die in
der Verkehrsordnung liegende Rechtsnorm lautet: Du sollst deine
Schadensersatzpflicht nur in dem und dem Umfange — nicht weiter
— ausschliessen, oder Du sollst Deine Transportverträge unter den
Dir vorgeschriebenen Bedingungen abschliessen. Die vorgeschrie-
benen Bedingungen des Transportvertrages an sich sind dagegen
keine Rechtsnormen, ihre Verletzung begründet keine Revision !°, sie
sind lediglich Vertragsbedingungen, freilich den Bahnunternehmern
gegenüber keine gewillkürten, sondern vorgeschriebenen.
Aber wenn so erwiesener Maassen alle vom Bundesrath auf
Grund der Art. 42ff. erlassenen Verordnungen, Reglements, Nor-
men, Ordnungen, oder wie sie sich sonst nennen mögen, gesetz-
vertretende Verordnungen sind!!, und zwar solche, die vom Reiche
unmittelbar erlassen und verkündet sind, wie lässt sich deren Rechts-
beständigkeit!? begründen?
10 Insoweit ist die Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichts vom
30. Nov. 1875, Entsch. Bd. XIX S. 184 richtig, cf. auch Entsch. Bd. II S. 255,
Bd. VI S.276, Bd.IX 8.339, Entsch. des Reichsgerichts in Civils. Bd.XV, S.156.
11 Dies erkennt u. A. HäÄnekL, Staatsr. S. 656f.
12 Diese ist allerdings mehr oder weniger in der Theorie bestritten,
Hänet, Organisatorische Entwickelung S. 81ff., Häneı, Staatsrecht S, 644 ff.,
Lasanv, Reichsstaatsrecht, Aufl. I, Bd. 2 S. 89, 90, 363 ff., 372 ff., minder be-
stimmt allerdings in den neueren Auflagen Bd. II S.117ff. Geradezu er-