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Zwei Fragen sind hierbei zu beantworten: die erste, ist der
Verordnungsweg statthaft oder, anders ausgedrückt, durften
die Reglements ohne Gesetz erlassen werden? die zweite, durfte
das Reich, oder mussten die Bundesregierungen, jede für
sich, diese erlassen ?
Bezüglich der ersteren Frage ist zu beachten, dass bereits
Art. 4 Ziff. 8 der Reichs-Verfassung der Gesetzgebung des
Reiches das Eisenbahnwesen unterstellte, dass daher die Art. 42ff.
ganz überflüssig wären, wenn sie nur vorschreiben wollten, dass
ihr Inhalt durch Reichsgesetz verwirklicht werden sollte oder wenn
sie nicht die sofortige Regelung des Gegenstandes im Verord-
nungswege vorschreiben oder doch wenigstens zulassen wollten.
So sagte der Abg. MiQuEL in dem Stenogr.-Ber. des Reichstags
1870 Bd. II S. 784:
„Die Spezialartikel 41—47 der Norddeutschen Bundes-
verfassung dagegen bezielen solche Bestimmungen, welche ent-
weder sich nicht zur gesetzlichen Regelung eignen oder
aber, welche nicht zu ihrer Regelung eines besonderen Zusatzes
bedürfen“ (damit sind die Art. 42—47 gemeint). „Wenn in
dem Art. 41 gesprochen wird von dem Rechte des Bundes,
eine Eisenbahn auf Kosten des Bundes herzustellen, ohne dass
die einzelnen Staaten dagegen Widerspruch erheben können,
so ist es klar, dass es hierzu eines Spezialgesetzes bedurfte“
(weil aus dem Rechte der Gesetzgebung über das Eisenbahn-
wesen noch nicht die Befugniss für das Reich zur Anlegung
einer Eisenbahn folgt). — —
„Wenn in den Art. 42—-44 gesprochen wird von der Ver-
staunlich ist, dass die eisenbahnrechtlichen Schriftsteller GLeım, Eser u. s. w.
nicht einmal den Versuch machen, die Gültigkeit dieser für ihre Verwaltung
wichtigsten und geradezu grundlegenden Normen zu vertheidigen. Da sie
andererseits die staatsrechtlichen Ansichten LABanp’s citiren und acceptiren,
mtss man annehmen, dass auch diese Schriftsteller die Reglements u. s. w.
für gesetz- und verfassungswidrig ansehen.