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b) Die Prokuratur.
Die Prokuratur'*, genauer Prozessprokuratur, ist die Stell-
vertretung der Parteien vor Gericht. Die Prokuratoren befassen
sich im Einzelnen mit der Vermittelung des Schriftenwechsels
zwischen den Parteien unter sich und dem Gerichte, der Ein-
leitung und Vorbereitung der Prozesse, dem Sammeln des Streit-
materials, dem Abwarten der Termine, dem Beobachten des pro-
zessualen Formalismus, wie z. B. dem Wahren der Fristen u. dgl.,
dem gesammten durch die Prozessführung bedingten Schreiber-
und Rechnungswesen, der Abwickelung der mit dem Prozess zu-
sammenhängenden Geldgeschäfte, der Leitung und Ueberwachung
der Zwangsvollstreckung und der sonstigen Erledigung des Rechts-
streites durch Vergleich, Fallenlassen des Anspruches u. s. w.
Man fasst allgemein die Prokuratur als ein Mandat auf und giebt
dem Prokurator ein Recht auf Gebühren. Diese sind aber nicht
als Gegenleistung wie der Lohn bei der Dienstmiethe aufzufassen,
sondern sie werden als Honorar selbstständig geschuldet. Uebri-
gens ist der Umstand, dass man die Prokuratur als Mandat an-
sieht, ihr verderblich geworden. Denn der Mandatar ist an den
Willen des Mandanten, hier der Prozesspartei, gebunden. Es soll
aber bei der Anfertigung der Prozedurakte keineswegs der Wille
der Partei massgebend sein, die in leidenschaftlicher Verblendung
oft die aussichtslosesten Prozedurakte vornehmen lässt, sondern
ob damit ein Erfolg bei Gericht erzielt wird. Es wäre also be-
züglich dieses Punktes vom Prokurator eine Prüfung anzustellen.
Daran denkt aber gewöhnlich der Prokurator nicht, er sucht den
Wunsch seines Klienten zu erfüllen, ja noch schlimmer, er macht,
wie die Erfahrung lehrt, nicht selten, im eigenen Interesse,
14 Vgl. hierzu die in Note 5 angegebene Literatur, da die Schriften
über die Advokatur gleichzeitig auch die Prokuratur berücksichtigen. Beizu-
fügen sind noch für das ältere französische Recht: Essai sur la profession
du procureur 1749 (anonym), für das heutige: EsBor, Essai sur les reformes
judieiaires. Les avoues. 1877.