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in Frankreich, in England, in Nordamerika Geld ist, das ist in
Deutschland nicht als Geld anerkannt und umgekehrt.
Es gibt aber auch Fälle, wo eine und dieselbe Geldsorte
gleichzeitig in mehreren Staaten Geldcharakter geniesst. Das mag
ein Ergebnis sein, welches sich ohne eine spezielle Vereinbarung
herausgestellt hat. So verlieh die Schweiz während des Krieges
von 1870/71 dem englischen Sovereign gesetzlichen Kurs zu
20 Frcs. 10 Ots. In der Regel aber beruht die Thatsache, dass
eine Geldsorte in mehreren Staaten Geld ist, auf besonderen Ver-
einbarungen, auf Münzverträgen. Die wichtigsten Fälle eines
solchen Geldes sind das Frankengeld der lateinischen Münzunion
und die österreichischen Thaler, welch letztere in Gemässheit des
Wiener Münzvertrages sowohl in Oesterreich als in den deutschen
Zollvereinsstaaten gesetzliches Zahlungsmittel waren.
Die Rechtsverhältnisse eines solchen mehreren Staaten ge-
meinsamen Geldes sind sehr kompliziert; das hat sich sowohl hın-
sichtlich des Frankengeldes als auch der österreichischen Thaler
gezeigt, als es sich um die praktische Entscheidung der Frage
handelt: wer ist zur Einlösung dieser Stücke verpflichtet und
wer hat die aus einer solchen Einlösung entstehenden Kosten zu
tragen?
Die Lösung dieser Frage hängt innig mit der ganzen recht-
lichen Natur eines solchen Geldes zusammen, und indem wir die
Lösung der Frage von rein juristischen Gesichtspunkten aus ver-
suchen, werden wir ein Bild von dem juristischen Charakter solcher
internationaler Geldarten gewinnen können.
Es ist eine so gut wie allgemeine Rechtsanschauung, dass
der Staat unter allen Umständen für sein Gepräge aufkommen
müsse und dass ihm ganz allgemein gegenüber den Münzen seines
Gepräges eine Einlösungsverpflichtung obliege. Die verwickelten
Streitfragen, welche sich im lateinischen Münzbund bezüglich der
silbernen Fünffrankenstücke und zwischen Deutschland und Oester-
reich bezüglich der österreichischen Thaler ergaben, hat das Publi-