Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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kum und die Wissenschaft überwiegend vom Standpunkt dieser 
allgemeinen Rechtsanschauung beurteilt. Ihre praktische Lösung 
haben sie bekanntlich dahin gefunden, dass durch die Liquidations- 
klausel von 1885 die Staaten des lateinischen Münzbundes sich 
für den Fall der Auflösung des Bundes teilweise zur direkten Ein- 
lösung ihrer Fünffrankenthaler in Gold verpflichteten, und dass sie 
für den Rest eine kommerzielle Rückleitung gestatteten — eine 
Lösung, welche vollständig dem allgemeinen Rechtsbewusstsein 
entspricht, dass kein Staat sein Gepräge verleugnen dürfe. Be- 
züglich der österreichischen Thaler ist ein Kompromiss zwischen 
dieser Rechtsanschauung und — man kann eigentlich nicht sagen 
einer anderen Rechtsanschauung, denn eine solche war im Grunde 
genommen nicht vorhanden oder wurde wenigstens bei den be- 
treffenden Verhandlungen meines Wissens nicht vertreten —, son-. 
dern es ist ein Kompromiss zwischen der allgemeinen Rechts- 
anschauung und Erwägungen, welche nicht dem juristischen Gebiet 
angehören, zustande gekommen. 
Zur Zeit, als zwischen Deutschland und Oesterreich die Ver- 
handlungen über die Einlösung der österreichischen Thaler be- 
gannen (im Spätjahr 1891), hat bereits LANDESBERGER in DORNS 
„Volkswirtschaftlicher Wochenschrift“ (vom 19. Nov. 1891) einen 
Aufsatz veröffentlicht, in welchem er die allgemeine Rechts- 
anschauung als eine unzutreffende bekämpft. Er meinte, dass 
„das allgemeine Rechtsbewusstsein wegen der Kürze der Zeit noch 
nicht Gelegenheit gefunden habe, sich mit den höchst eigentüm- 
lichen Rechtsfragen der sinkenden Währung vertraut zu machen“. 
Er bestritt, dass Oesterreich zur Einlösung seiner Thaler zu ihrem 
gesetzlichen österreichischen Geldwert von 1!/ fl. pro Stück: ver- 
pflichtet sei, mit der Motivierung, dass Oesterreich diese Thaler 
als vollwertiges Geld ausgemünzt habe, und zwar zum grössten 
Teil auf Privatrechnung. „Ein Staat nun, der vollwertige 
Kurantmünzen ausprägt, setzt überhaupt keine rechtsgeschäftliche 
Handlung, leistet keine Unterschrift — am wenigsten aber voll-
	        
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