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unnöthige, ja schädliche Prozedurakte. Das Geschäft des Pro-
kurators bietet allerlei Verlockungen zu undelikaten, ja selbst un-
redlichen Handlungen '®. Jeder idealen Berufsauffassung und jeder
Wissenschaftlichkeit baar, kennen die Prokuratoren nur den Geld-
erwerb. Diesen Charakter haben sie in England!, wie ın
Frankreich’. Sie leiden hier wie dort unter dem Hasse der
Bevölkernng, den sie sich durch ihre Habgier zugezogen haben.
In Frankreich war der Hass gegen die procureurs ein so in-
tensiver, dass die Gerichtsordnung vom 29. Jan. 1791 ihnen des-
halb den Namen Avoues gegeben hat.
Eben darum, weil die Prokuratur keinen wissenschaftlichen,
sondern einen geschäftlichen Charakter trägt, ist auch die Aus-
bildung eine dementsprechende. Dieselbe erfolgt, wenn auch in
den verschiedenen Ländern im Einzelnen verschieden '®, auf dem
5 PriscHhL a. a. 0.8.10.
5 Attorneys oder Solicitors genannt, arbeiten sie vollständig nach
kaufmännischer Art. Sie vergesellschaften sich gleich Kaufleuten und
führen, wie diese, eine Firma. Auch beschränken sie ihr Geschäft keineswegs
auf die gerichtliche Parteivertretung, sondern fungiren auch als Gerichts-
schreiber, besorgen die Geschäfte unserer Notare und haben allerlei Agen-
turen. Sie erscheinen im vollsten Sinn des Wortes als Rechts- und Ge-
schäftsagenten. (GNEIST.)
1? Zusammen mit den Notaren, den Gerichtsschreibern und den Ge-
richtsvollziehern bilden sie die officiers ministeriels und unterstehen als
solche der Staatsanwaltschaft. Schon zur Zeit des ancien rögime waren die
Prokuratorenstellen käuflich. Durch ein Edikt Heinrich III. vom Oktober
1588 wurden sie zu erblichen Aemtern (offices hereditaires). In der Revo-
lution, nach dem man sie in Anoues umgetauft, abgeschafft, dann wieder
eingeführt, kehrte durch ein fiskalisches Gesetz vom 28. April 1816 (Art. 9)
die Käuflichkeit ihrer Schreibstuben (&tudes) zurück. Dadurch und durch
die Haftbarkeit für die Gerichtskosten werden sie erst recht auf das „Akte-
machen und Kostenhäufen“ verwiesen.
"® In England ist, wie in allen kaufmännischen Geschäften, auch hier
das Lehrlingswesen eingeführt. Schon in einem Alter von 10—13 Jahren
treten die künftigen Attorneys oder Solicitors bei einem solchen ein und
haben in der Regel nach fünf Jahren ein allgemeines und dann nach zwei
Jahren ein Examen über Rechtskunde zu bestehen, worauf sie sich dann an
einem oder mehreren Gerichtshöfen zur Ausübung der Praxis eintragen lassen.