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dass niemand in Deutschland deshalb den österreichischen Thaler
zu drei Mark in Zahlung nahm, weil er in Oesterreich gesetzliche
Zahlungskraft zu 1!/s fl. hatte, sondern dass er in Deutschland
zu dem Werte von drei Mark lediglich deshalb zirkulierte, weil
er gemäss der deutschen Gesetzgebung gesetzlich Zahlungsmittel
zu diesem Betrag war. Sehr instruktiv ist ferner, dass das
deutsche Gesetz, welches den österreichischen Thalern auf un-
bestimmte Zeit gesetzliche Zahlungskraft zu drei Mark das Stück
gewährleistete (vom 20. April 1874), in keiner Weise durch irgend-
welche Rücksichten auf Oesterreich diktiert wurde — vertrags-
mässige Verpflichtungen gegenüber Oesterreich bestanden nicht
mehr, und der österreichische Geldwert des Thalers zu 1'!/z fl.
konnte deshalb nicht zur Aufrechterhaltung des deutschen Geld-
wertes von 3 Mark verleiten, da 1'/2 fl. damals schon weniger
wert waren als 3 Mark — sondern es waren lediglich Rück-
sichten auf die Interessen der deutschen Inhaber der öster-
reichischen Thaler für den Erlass dieses Gesetzes massgebend.
Dass die österreichischen Thaler den Doppeladler auf ihrem Ge-
präge trugen, hatte ebenso wenig für das Zustandekommen des
Gresetzes eine Bedeutung, wie dass sie in Oesterreich zu 1! fl.
gesetzliches Zahlungsmittel waren, und noch weniger war dieses
Gepräge die Veranlassung für das Gesetz. Zur Konstruktion
einer Einlösungsverpflichtung Oesterreichs gegenüber Deutschland
fehlt also auch der leiseste Anhalt.
Es ist nun klar, dass in dem supponierten Fall alle Ein-
lösungsansprüche sich an das Deutsche Reich wenden mussten.
Da in Oesterreich zu dem österreichischen Geldwert kein öster-
reichischer Thaler mehr zirkulierte, war Oesterreich seiner einzigen
Einlösungsverpflichtung, nämlich der gegenüber seinen Unter-
thanen, enthoben. Oesterreich konnte also seinen Thalern die
Geldeigenschaft entziehen, ohne Einlösung, weil dieser Ent-
ziehung lediglich formale Bedeutung zukam; denn es gab ja
keine Thaler mehr in den Händen österreichischer Unter-