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Die Immunität der Landtagsabgeordneten nach der
Grossh. hessischen Verfassungsurkunde.,
Von
Dr. ZELLER, Ober-Rechnungsrath in Darmstadt.
Art. 84 der hess. Verfassungsurkunde bestimmt: „Während
der Dauer eines Landtags sind die Personen, welche zu der
Ständeversammlung gehören, keiner Art von Arrest, als mit Ein-
willigung der Kammer, zu welcher sie gehören, unterworfen, den
Fall auf Ergreifung bei frischer That bei strafbaren Handlungen
ausgenommen, in welchem Falle aber alsbald der Kammer, zu
welcher der Verhaftete gehört, die Anzeige des Vorfalls mit Ent-
wicklung der Gründe, gemacht werden soll.“ Die Auslegung dieser
Bestimmung nach ihrer Bedeutung und Tragweite beschäftigte
wiederholt die Gerichte und die Ständekammern ohne befriedigendes
Ergebniss. In der bewegten Zeit des Jahres 1849 entstand zum
ersten Mal Streit über die Auslegung.
Vier Abgeordnete waren wegen politischer Verbrechen in
Untersuchung gezogen, drei schon vor dem Termin der landes-
herrlichen Einberufung der Kammern, der vierte vor der vor-
läufigen Constituirung in Untersuchungshaft genommen und alle
vier auch nach Eröffnung der Kammer in Haft behalten. Ein
Antrag des Abgeordneten M. suchte eine Erklärung der Kammer
zu provociren, dass die Fortdauer der Haft eine Verletzung des