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geleitete, bzw. fortgesetzte Strafverfolgung als Thatbestands-
moment aufgeführt ist — hiernach bleibt für uns Rechtens:
Wenn gegen Mitglieder der Ständeversammlung (Art. 84
— Mitglieder einer gesetzgebenden Versammlung $ 6 Ziffer 1
cit.) während der Dauer einer Sitzungsperiode (siehe 8 6
Ziffer 1 cit. = Dauer des Landtags Art. 84, worunter auch
die Zeit der Vertagung zu verstehen ist) eine Strafverfolgung
(8 6 Ziffer 1 cit.) mit Arrestverhängung (Art. 84) eingeleitet
oder fortgesetzt werden soll (8 6 Ziffer 1 cit. = unterworfen
Art. 84), so ist hierzu die Einwilligung der Kammer erfor-
derlich (Art. 84 cit.), falls nicht die Ergreifung auf frischer
That vorgenommen und deshalb die gesetzlich vorgesehene
Anzeige erstattet wurde (Art. 84).
Die civilprozessuale Haft kommt nicht weiter in Betracht,
da hierüber einheitliches Reichsrecht ($ 785 der C.-P.-O.) pure
geltend ist.
III. Angesichts dieses Verhältnisses zwischen Reichsrecht
und Landesrecht fragt es sich, ob eine gesetzgeberische Neu-
regulierung der angedeüteten Immunität nothwendig oder zweck-
mässig_ sel.
Die II. Kammer hat diese Frage bejaht und wir stehen nicht
an, sie ebenfalls zu bejahen, denn das Erste und Wesentlichste,
was der Gesetzgeber eines jeden Landes und jeder Zeit zu er-
streben hat, ist Klarheit in verfassungsrechtlichen Fragen; dass
aber in unserem Falle diese Klarheit fehlt, zeigt die von dem
zweiten Ausschusse der II. Kammer in seinem umfassenden Be-
richte auseinandergesetzte Oontroversengeschichte des Art. 84 der
Verf.-Urk. Dasselbe wird erwiesen durch die Zweifel, die neuer-
dings über das zwischen unserem Landrecht und dem Reichsrecht
obwaltende Verhältniss aufgetaucht sind. Die Beseitigung dieser
Zweifel ist aber namentlich wünschenswerth in Rücksicht auf die
hier eingreifende Jurisdiction nichthessischer Gerichte (hiervon
siehe unten V.).