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haft genommen werden. Die Genehmigung der Kammer ist nicht
erforderlich, wenn ein Mitglied der Ständeversammlung auf frischer
That betroffen oder im Laufe des nächstfolgenden Tages er-
griffen wird, in welchem Falle aber alsbald der Kammer, zu
welcher der Verhaftete gehört, die Anzeige des Vorfalls mit Ent-
wicklung der Gründe gemacht werden soll. Gleiche Anzeige ist
der Kammer sofort nach deren Wiederzusammentritt zu erstatten,
wenn ein Mitglied derselben während der Vertagung des Landtags
in Untersuchung gezogen oder in Untersuchungshaft genommen ist.
Auf Verlangen der Kammer wird jede gegen ein Mitglied
eingeleitete Untersuchung und jede Untersuchungs- oder Civilhaft,
soweit in letzterer Beziehung nicht schon $ 786 der C.-P.-O.
Verfügung trifft, für die Dauer des Landtags aufgehoben“ ®.
Nach den Motiven sollte die Neuredaction des Art. 84 der
Verf.-Urk. die verschiedenen Streitfragen beseitigen. Die Regierung
hielt im Anschluss an Art. 31 der Reichs-Verf. an dem Aus-
schluss der Strafvollstreckung aus der Reihe der Immunitäten
fest. Die Genehmigung der Kammer war nur für die Unter-
suchungshaft erfordert. Dagegen gewährte der Entwurf diesen
Schutz, über den Art. 84 hinausgehend, auch gegen Einleitung
und Fortsetzung der Untersuchung und stellte es ausser Zweifel,
dass mit den Worten „während der Dauer des Jaandtags“ —
abgesehen von einer durch landesherrliches Edict angeordneten
Vertagung — der ganze Zeitraum von der Einberufung (Art. 63
der Verf.-Urk., Art. 1 der landst. Gesch.-Ord.) bis zu dem Schlusse
bezw. der Auflösung (Art. 63 der Verf.-Urk., Art. 57 u. 58 der
landst. Gesch.-Ord.) gemeint ist. Die Schutzrechte der Stände-
mitglieder bestehen hiernach auch für die Zeit in Kraft, während
welcher die Kammern thatsächlich nicht beisammen sind und ihre
Arbeiten ausgesetzt haben. Wenn der Entwurf nicht weiter geht,
und die Schutzrechte nicht auf die Periode nach einer angeord-
® Verh. II. Kammer, 25. Landtag, Beil. Nr. 420, 421 u. 422. KucHLEr,
l. c. 8. 129.