Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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„Für die Dauer des Landtages (Abs. 1) kann die Voll- 
ziehung der gegen ein Mitglied desselben erkannten Freiheits- 
strafe nur mit Genehmigung der Kammer erfolgen, welcher das 
Mitglied angehört.“ 
Eventuell: 
„Für die Dauer des Landtages (Abs. 1) kann die Voll- 
ziehung der gegen ein Mitglied desselben wegen eines politi- 
schen Verbrechens oder Vergehens oder eines Pressvergehens 
erkannten Freiheitsstrafe nur mit Genehmignng der Kammer 
erfolgen, welcher das Mitglied angehört; über den Eintritt der 
Voraussetzungen entscheidet die Kammer.“ 
Die II. Kammer lehnte nach lebhaften Debatten im März 1889 
den Antrag der Majorität des Ausschusses ab, worauf die Angelegen- 
heit von der Tagesordnung der Landstände verschwand ". 
Nachdem die so wünschenswerthe authentische Interpretation 
des Art. 84 der Verf.-Urk. gescheitert ist, erscheint die Recht- 
sprechung des Oberlandesgerichts ausschlaggebend. Während der 
Sitzungsperiode ist nach dem Stande der Gesetzgebung und Recht- 
sprechung der Civilprozess und der Strafprozess gegen Ständemit- 
glieder zulässig. Nur bezüglich der Haft werden sie begünstigt; sie 
sind während der Dauer des Landtages keiner Art von Arrest, als 
mit Einwilligung der Kammer unterworfen, den Fall bei Ergreifung 
auf frischer That bei strafbaren Handlungen ausgenommen. 
Doch ist diese Begünstigung durch die Reichsprozessgesetze 
auf die Civilhaft und auf diejenige Haft, welche bei Einleitung 
oder Fortsetzung einer Strafverfolgung angeordnet wird, be 
schränkt. Sie gilt also nicht für die Strafhaft, da diese nach 
dem Sprachgebrauch der Reichsgesetze nicht zur Strafverfolgung, 
sondern zur Strafvollstreckung gerechnet wird. Die Begünstigung 
bezieht sich nicht blos auf die Verhaftung nach Beginn des Land- 
tages, sondern auch auf die Fortsetzung einer schon früher an- 
14 Verh. II. Kammer, 26. Landtag, 29. und 30. Prot. Kuckter, |. c. 
S. 131.
	        
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