Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

— 44 — 
und Strafvollstreckung stehe ihr allein zu. Man bezog sich da- 
mals mit Unrecht auf die Analogie des Art. 87 der Verf.-Urk., 
wonach die Entscheidung über die Giltigkeit der Wahlen und 
über die Zulassung, Abweisung und Befreiung der Mitglieder der 
Kammer zur Competenz der Landstände gehört. 
Nirgends findet sich in der Verfassungsurkunde die Vor- 
schrift, wonach der Kammer die definitive Entscheidung über die 
Zulässigkeit der Verhaftung oder Haft der Abgeordneten zustehe. 
Die später im Jahr 1865 gefassten Beschlüsse der II. Kammer 
nehmen deshalb mit Recht den im Jahr 1850 festgehaltenen Stand- 
punkte nicht mehr ein. Sie begnügen sich mit der Erklärung, wie 
sie den Art. 84 auslegen, mit der Mittheilung dieser Erklärung 
an die Regierung und dem Ersuchen, für Beobachtung des Art. 84 
einzutreten. Grewiss lässt sich diese Form einer Erklärung über 
die Auslegung des Art. 84 der Verf.-Urk. in Form eines Be- 
schlusses nicht beanstanden. Praktisch hat sie wenig Bedeutung 
gegenüber der Unabhängigkeit der Gerichte und der Vorschrift 
des Art. 72 der Verf.-Urk., welche authentische Interpretation 
der Gesetze ausschliesst?*. Alle diese Momente beweisen die 
Wichtigkeit einer Regelung der Immunitäten der Abgeordneten 
durch ein Spezialgesetz, welches die in der Praxis hervorgetretenen 
Controversen beseitigt und das bei Anwendung des Art. 84 zu 
beachtende Verfahren, dem Geiste der Verfassung entsprechend, 
genau geregelt”. 
24 Vgl. Verhandlungen der II. Kammer der hess. Landstände, 25. Land- 
tag, Beil. IV. Bd. Beil. Nr. 337 S. 32. 
25 Die Immunitäten der Mitglieder der deutschen Landtage behandelt 
eingehend eine neuerdings erschienene Schrift von Dr. E. Sonntag: Der 
besondere Schutz der Mitglieder des deutschen Reichstages und der deut- 
schen Landtage gegen Strafverfolgung und Verhaftung. Breslau, Verlag 
W. Köbner, 1895.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.