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gehende Entscheidungen und Beschlüsse eine allseitige Klarstellung seines
wichtigen Inhalts, freilich auch die Feststellung empfindlicher Lücken er-
halten. Was ein Kommentar nach der ersten Richtung hin zu leisten ver-
mag, das bietet der vorliegende in vollem Umfange, nach der letzteren Rich-
tung hin fehlt in der zweiten Auflage mancher Hinweis, dessen Fehlen in
der ersten nicht moniert zu werden brauchte. Wichtige Kontroversen von
prinzipieller Bedeutung hätten die ihrer wissenschaftlichen und praktischen
Bedeutung angemessenere Behandlung gefunden, wenn die deutsche Fach-
litteratur besser berücksichtigt worden wäre. Es mag hingehen, dass Verf.
weder in der ersten (1888) noch in der vorliegenden von den Bearbeitungen
der einschlägigen Materie in v. HoLTZEnporFFs Handbuch des Völkerrechts
Kenntnis zu haben scheint, — dass Ref. selbst neben v. HoLTZENDORFF und
LammascHa zu den Bearbeitern zählt, darf ihn nicht abhalten, jene Lücke zu
rügen, — schlechthin unzulässig ist es jedoch, dass ein Werk von der wissen-
schaftlichen Bedeutung der v. Barschen „Theorie und Praxis des internatio-
nalen Privatrechts* (Hannover 1889) im Kommentar unberücksichtigt ge-
blieben ist. Auch eine grosse Zahl der aus der fremdländischen Litteratur
genommenen Fachwerke ist durch neuere Bearbeitungen überholt, so die
Schriften CoGORDANS, WEISS’, .WESTLAKES u. a., der Report of the royal com-
mission for ioquiring into the laws of naturalization, London 1869, ist durch
zahlreiche neuere Bluebooks überholt: siehe Parliamentary Papers presented
to both Houses of Parliament by Command of Her Majesty Juni 1893, Sep-
tember 1893, November 1893, April 1894 u. s. w. Gerade, weil Kommentare
nur Bruchstücke zu bieten vermögen, müssen wir bei solchen auf möglichste
Vollständigkeit des Apparates dringen. Das hohe Ansehen, in welchem
unsere fachliche Litteratur im Auslande steht, beruht auf der Annahme, die
wir von keiner Seite erschüttert sehen möchten, dass jedes grössere Werk,
„made in Germany“ und dort in allseitiger Anerkennung stehend, den An-
forderungen deutscher Gründlichkeit entspricht. Das ist auch ein Bestand-
teil unseres „Prestiges“, des nationalen Kredits, wenn man will, den wir dem
kritisch gewordenen Ausland gegenüber auch dann zu wahren verpflichtet
sind, wenn wir durch unsere Rügen dem Verfasser einer unserer tüchtigen
Schriften stellenweise die Freude an seinem Werke zu trüben genötigt wären.
Stoerk.
L. R. v. Salis, Schweizerisches Bundesrecht. Staatsrechtliche und
verwaltungsrechtliche Praxis des Bundesrates und der Bundesversamm-
lung seit dem 29. Mai 1884. I. Band. Bern, K. J. Wyss, 1891.
Ein seinem Aufbau nach durchaus originelles, seinem Inhalt nach über-
aus reichhaltiges Buch, das sich nur der Zeitfolge, nicht der Anordnung des
Stoffes nach an die verdienstvolle ältere Sammlung ULLMeERs: „Die staats-
rechtliche Praxis der sehweizerischen Bundesbehörden“ anschliesst. Ver-
wandte Werke weist unsere deutsche fachliche Litteratur nur im Gebiete des
Archiv für Öffentliches Recht. XI. 8. 30