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Verwaltungsrechtspflege und des württembergischen Amtsrechts findet die
der Bedeutung und der historischen Eigenart der Gebilde angemessene Er-
örterung und dogmatische Verbindung mit den in allseitiger Anerkennung
stehenden Lehrsätzen der fachlichen Litteratur. Die individuellen Züge des
württembergischen Staatsorganismus sind plastisch herausgehoben in den
partikularrechtlichen Einrichtungen mannigfacher Art, des ständischen Aus-
schusses, des ritterschaftlichen Adels, in der Kontroverse über die im $ 44
der Verfassungsurkunde ausgesprochene Bevorzugung der Landeseingeborenen
vor den Fremden und deren Geltung gegenüber der Forderung des Art. 3
der Reichsverfassung etc. Den Reservatrechten Württembergs entsprechend
ist der Verwaltung der Verkehrsanstalten insbesondere der Posten und Tele-
graphen angemessen gedacht. Das klar geschriebene Bucht erhält die Staats-
rechtslitteratur Württembergs auf dem vornehmen Niveau, auf das sie durch
die grossen Vorarbeiten REYSCHER’s, SPITTLER’s, MonL's, SARWEY's u. A. ge-
bracht worden war.
Fr. WIELANDT war in seiner neuen Bearbeitung des Staatsrechts des
Grossherzogthums Baden, die an die Stelle der SchenkEu’schen rückt, bemüht,
im Rahmen der bisherigen Darstellungen aus der Fülle der juristischen Formen
und des rechtlichen Stoffes das Wesentliche herauszuheben und die mannig-
fach in einander greifenden verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Einrich-
tungen dieses alten und erprobten deutschen „Verfassungsstaates® als ein
Ganzes vor den Augen des Beschauers auszubreiten. Fällt auch stellenweise
ım Apparat der Mangel engerer Fühlung mit der fachlichen Litteratur empfind-
lich auf, ein. Umstand der dem Verfasser die Arbeit sichtlich schwieriger ge-
staltet, so dürfte andererseits die strenge Sachlichkeit als Gegenwerth in An-
schlag zu bringen sein. Verfasser handhabt mit grosser Sachkenntniss den ge-
sarmmten Quellenstoff des badischen Verwaltungsrechts, er lässt fast durch-
weg nur die juristischen Thatsachen selbst reden und tritt mit seinem
subjektiven Urtheil völlig in den Hintergrund. Wenn das Buch daher nach
der Art der Behandlung des Stoffes weniger anregt, so kommt es dafür in
höherem Maasse seiner Aufgabe nach, als verlässliches Nachschlagebuch zu
dienen. Es ist im Sinne der descriptiven juristischen Methode ausreichende
Kost für Leser, welche der Gestaltung .bestehender Einrichtungen näher auf
den Grund sehen möchten, es zeigt aber auch auf’s Deutlichste, dass in der
Fortsetzungslinie der hier befolgten „rein-juristischen“ Methode unsere fach-
liche Arbeit nur noch-todten Stoff zu meistern verstünde und dass ihr das
Gefühl für das Lebendige allmählich verloren ginge. Der Reichthum unseres
modernen staatlichen Verbandsdaseins entfiele unseren Händen. ganz und
grosse Mühe und juristischer Scharfsinn wären fortan einseitig auf diesen
Weg gewiesen, verurtheilt, immer nur taubes Gestein zu Tage zu fördern.
Greifswald. Stoerk.
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