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Rechtsanwaltschaft, die Rechte des Individuums der esammt-
heit, als auch anderen Individuen gegenüber zur Geltung zu
bringen (I 1a). Namentlich bedarf die Macht des Beamtenthums,
das in der Rechtspflege durch das Organ der Staatsanwaltschaft
sich geltend macht, im Interesse unserer freiheitlichen Entwick-
lung eines (regengewichts?®. Ein solches hat die freie Advokatur
zu bilden?”. Hierzu wäre die Rechtsanwaltschaft aber nicht im
Stande, wenn es vom Belieben der Justizverwaltung oder selbst der
Gerichte abhängig wäre, Jemanden als Rechtsanwalt anzustellen
oder nach einer besseren Stelle oder angenehmeren Orte zu versetzen.
Der numerus clausus ist aber auch nicht im Vor-
hinein bestimmbar. Die Zahl der Prozesse ist keineswegs
massgebend für die Zahl der Rechtsanwälte. Eine ganze Reihe
von Geschäften der Anwälte entzieht sich der öffentlichen Kon-
trolle. Dazu kommt, dass die Prozesse qualitativ und quantitativ
verschieden sind. Die Instruktion einer einzigen Sache kann einen
grösseren Aufwand an Zeit und Kraft erheischen, als die von
einem Dutzend Anderer. Der Richter sieht gar nicht, welche
Mühe von einem Anwalt auf eine einzelne Sache zu verwenden
ist. In all diesen Dingen spielt die Persönlichkeit eine bedeutende
Rolle. Manchmal leistet ein emsiger Anwalt mehr, als drei bis
vier minder fleissige und zu Zeiten können an einem Orte zehn An-
wälte zur Bewältigung der Rechtsstreitigkeiten hinreichen, während
nach einem Wechsel der Personen kaum die doppelte Anzahl genügt °®.
®° In unserer Zeit, wo bei den Gerichten sich das Bestreben zeigt, die
Strafgesetze auf dem Wege der Interpretation zu erweitern und die Gesetz-
gebung darnach trachtet, immer neue Strafgesetze zu schaffen, ist ein
solches G egengewicht geradezu unentbehrlich.
®" Nach ihrer heutigen Organisation ist sie hierzu trotzdem nicht be-
fähigt, dies zeigt der wachsende Einfluss der Staatsanwaltschaft
auf die Rechtspflege. Vgl. dazu v. Weınrıch in der Zeitschr. für die ges.
Strafrechtswissenschaft Bd. XIII, S. 245 u. 254.
38 Vgl. in diesem Sinne WERNER a. a. O. S.19ff., von WILMowsk1 a. a. O.
S.4 u. 200.