Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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Beweisaufnahme im Ausland 1895. Es dürfte hieraus zu folgern 
sein, dass soweit England und Deutschland in Frage kommen, 
eine Beweisaufnahme durch den Konsul einer Beweisaufnahme 
durch das ausländische Gericht vorzuziehen ist. Je mehr die 
Anschauungen in zwei Staaten über die Aufnahme eines Beweises 
variiren, desto rathsamer erscheint es, die von den Gerichten des 
einen Staates angeordneten Beweisaufnahmen nicht den Gerichten 
des anderen Staates zu übertragen. Die Zulassung von Aus- 
nahmen von dem Prinzip, dass Beweisaufnahmen in die Kom- 
petenz der Gerichte fallen, schadet dem Ansehen der Gerichte 
weit weniger, als die Beauftragung derselben mit Beweisaufnahmen, 
welche zu Folge abweichender Auffassungen und Vorschriften 
nicht mit einem befriedigenden Resultate abgehalten werden 
können. Englischer Seits ist jedenfalls dieser Standpunkt adop- 
tirt worden und in liberaler Weise ausländischen Gerichten die 
Möglichkeit gegeben, Beweisaufnahmen in England von Personen 
vornehmen zu lassen, welche nach Ansicht der ausländischen Ge- 
richte und Behörden die erforderliche Qualifikation besitzen. Eng- 
land ist noch einen Schritt weiter gegangen und hat ein Verfahren 
geschaffen, welches den ausländischen Konsul in die Lage versetzt, 
die Zeugen zum Erscheinen zwingen und eidlich vernehmen zu 
können. Mit anderen Worten, England hat dem ausländischen 
Konsul in gewissem Umfange Gerichtsbarkeit eingeräumt. Man 
wird kaum etwas dagegen einwenden können, dass England diese 
Vergünstigung davon abhängig macht, dass zuvor ein Verfahren 
vor dem englischen Gerichte stattfindet. Wenn der Verfasser 
richtig informirt ist, muss der britische Konsul in Bremen eben- 
falls ein gewisses Verfahren betreiben, bevor er in der Lage ist, 
eine eidliche Erklärung abzunehmen. In beiden Fällen liegt wohl 
der gemeinsame Gedanke zu Grunde, dass es nicht nöthig und 
nicht rathsam ist, ausländischen Vertretern schlechthin richter- 
liche Funktionen einzuräumen; dass vielmehr eine ausreichende 
Kontrolle über die Ausübung der richterlichen Funktionen Seitens 
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