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ausländischer Vertreter reservirt werden muss. Es bleibt aller-
dings immer noch die Frage offen, ob das zur Ermöglichung einer
Beweisaufnahme beim englischen Gericht zu betreibende Verfahren
nicht vereinfacht und billiger gestaltet werden könnte. Der Ver-
fasser hat nicht den Eindruck gewonnen, dass dieses Verfahren,
welches Eingangs ausführlich mitgetheilt ist, an Umständlichkeit
und Kostspieligkeit leidet. Wie man aber auch über diesen
Punkt denken mag, jedenfalls sind deutsche Gerichte in der
Lage, mit befriedigendem Resultate eine Beweisaufnahme in Eng-
land anordnen zu können, ein Satz, der sich im umgekehrten
Falle nicht aufstellen lässt.
Bis zum Jahre 1831 konnten die Courts of Common Law,
d. h. die ordentlichen, englischen Gerichte eine Zeugenvernehmung
im Auslande nicht anordnen. Wurde in einer vor den ordent-
lichen Gerichten schwebenden Sache eine derartige Vernehmung
wünschenswerth, so war ein besonderer Antrag beim Üourt of
Chancery, d. h. bei' dem ausserordentlichen Gerichte zu stellen,
welches auf Grund seiner — als solche heute veralteten — juris-
dictio auxiliaria einschritt. Ging der Antrag von dem Beklagten
aus, so beantragte derselbe gleichzeitig, den beim ordentlichen
Gericht schwebenden Prozess bis zum Eingang des Vernehmungs-
protokolls einzustellen. Es ergibt sich hieraus, dass das eng-
lische Recht in der Beweisaufnahme im Ausland von Anfang an
eine ausserordentliche Prozedur erblickt hat. Die Anträge auf
Anordnung derartiger Beweisaufnahmen wurden in modernen
Zeiten häufiger. Der besondere Antrag beim ausserordentlichen
Gericht erschien lästig und das Verfahren unnöthiger Weise ver-
theuernd. Aus diesen Gründen schritt im Jahre 1831 die Ge-
setzgebung ein und ermächtigte die ordentlichen Gerichte, selbst
derartige Beweisaufnahmen anzuordnen. Damit trat allerdings
eine Vereinfachung des Verfahrens ein; der Beweisaufnahme im
Auslande ist jedoch der Charakter der exceptionellen Prozedur
verblieben. Heute können, mit einer gleich zu erwähnenden Aus-