Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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nach dem das Strafrecht beherrschenden Prinzipe einer absoluten 
materiellen Gerechtigkeit jeder Staat, ehe er strafe, in Gemässheit 
der für ihn geltenden Grundsätze von der Strafbarkeit einer Hand- 
lung sich überzeugen müsse, diese Weberzeugung aber nur durch 
den Ausspruch der eigenen Gerichte erfolgen könne. Die Voll- 
streckung eines fremdrichterlichen Strafurtheils würde voraussetzen, 
dass dasselbe, auch soweit es in unserem Staate vollstreckt werden 
soll, lediglich nach den Grundsätzen des fremden Staates zu be- 
urtheilen wäre oder dass eine freiwillige Unterwerfung zulässig 
erscheine, beides sei aber im Strafrechte ausgeschlossen. 
LAMMASCH, a. a. O. S. 824, meint, dass ım letzten Grunde 
die Beschränkung der Freiheit nur auf dem Willen jener Staats- 
gewalt beruhen könne, durch deren Organe dieselbe vollzogen 
werde. Ein Staat könne in die Freiheit der Individuen nur in- 
soweit eingreifen, als Urtheiler, welche nach seiner Auffassung 
hierzu berufen und welche ihm für die Richtigkeit ihres Urtheils 
verantwortlich sind, dies für zulässig erklären. „Wer vermöchte 
aber“, so führt er weiter aus, „die ausländischen Richter und Ge- 
schworenen zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sich nachträglich 
herausstellen sollte, dass ihr vielleicht vollzogener Spruch auf 
einem Missbrauche ihrer amtlichen Gewalt beruhte? Ein weiteres 
Bedenken entsteht für jene Staaten, welche eine Wiederaufnahme 
des rechtskräftig entschiedenen Strafverfahrens zulassen, dadurch, 
dass sie bei dem ausländischen Gerichte eine solche Wiederauf- 
nahme des Verfahrens nicht bewirken können.“ 
Alle diese Gründe dürften indess nicht stichhaltig sein. Nach 
geltendem Auslieferungsrechte liefern die Kulturstaaten sich gegen- 
seitig einen Verurtheilten aus und zwar lediglich auf Grund des 
fremden Strafurtheils, ohne in eine Prüfung darüber einzutreten, 
ob denn der Betreffende thatsächlich schuldig ist. Ja selbst in 
England, den Vereinigten Staaten von Nordamerika und Oester- 
reich pflegt man bei rechtskräftig, nach kontradictorischem Ver- 
fahren verurtheilten Personen von der sonst vorgeschriebenen
	        
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