Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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den Äntrag seine Entscheidung treffe, in geeigneten Fällen wird 
der vollstreckende Staat für befugt zu erachten sein, aus eigener 
Machtvollkommenheit eine einstweilige Aussetzung der Strafvoll- 
streckung anzuordnen. 
Dass die Kulturstaaten sich gegenseitig bei der Verfolgung von 
Verbrechern Hülfe leisten müssen, ist jetzt allgemein anerkannter 
völkerrechtlicher Grundsatz. Das moderne Rechtsgefühl sträubt 
sich dagegen, dass schwere Verbrechen ungestraft bleiben und der 
Verbrecher nach gelungener Missethat irgendwo deren Früchte im 
Auslande unbehelligt geniesst. Wenn sich die Staaten dazu herbei- 
lassen würden, fremde Urtheile zu vollstrecken, so würde der Straf- 
rechtspflege ein ganz bedeutender Dienst geleistet werden. Es 
würde die Flucht wohl kaum noch ergriffen werden, wenn der Ver- 
brecher weiss, dass auch im Auslande die erkannte Strafe voll- 
streckt wird, dass ihm also nirgends mehr eine sichere Zuflucht, 
ein Asyl winkt. In den Fällen, wo Auslieferung wegen der be- 
treffenden Strafthat gewährt werden kann, würde überdies dem 
Verbrecher die langwierige Auslieferungsprozedur, insbesondere 
die oft lange und beschwerliche Rückreise erspart werden können. 
Für den die Auslieferung verlangenden Staat würden endlich die 
manchmal durchaus nicht geringen Kosten der Auslieferung, ins- 
besondere des Rücktransportes in Wegfall kommen. 
Bei dem Vertrauen, welches ein Staat den Gerichten eines 
anderen zivilisirten Staates schon im Allgemeinen nicht versagen 
kann, und welches er, wenn er mit einem anderen Staate einen 
Vertrag über Auslieferung abschliesst, eben durch den Abschluss 
eines solchen Vertrages noch insbesondere bekundet, erscheint es 
nicht als eine Ungeheuerlichkeit, eine Aenderung des bestehenden 
Rechts dahin in Vorschlag zu bringen, dass die Vollstreckung 
fremder Strafurtheile als zulässig anerkannt wird, wenn. die Gegen- 
seitigkeit' verbürgt ist. Man könnte nun prima vista sich ver- 
anlasst fühlen, de lege ferenda den Zustand für den idealen und 
erstrebenswerthen zu halten, nach welchem fremde Strafurtheile,
	        
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