— 522 —
würde sowohl das Gericht, in dessen Bezirk sich der Verurtheilte
zur Zeit 'des Eingangs der Strafvollstreckungsrequisition befindet,
als auch dasjenige, wo er ergriffen wird, zu erklären sein und
zwischen beiden im Einzelfalle die Prävention entscheiden. Die
Berufung eines Gerichts für das ganze Deutsche Reich, vielleicht
das Reichsgericht, würde zwar manches für sich haben, allein es
würde bald eine grosse Ueberlastung eintreten... Auch ist die
Eintscheidung regelmässig wohl nicht schwierig und kann un-
bedenklich einer aus drei Richtern bestehenden Strafkammer des
Landgerichts anvertraut werden. Um eine ordnungsmässige Prü-
fung zu ermöglichen, wird man von dem geltenden internationalen
Gebrauch Abstand nehmen und die Strafakten nebst Ueber-
führungsstücken u. s. w. dem ersuchten Staate einsenden müssen.
Die Nachprüfung braucht nur eine summarische zu sein und wird
sich sowohl auf die Schuldfrage wie auf die Frage des Strafmasses
erstrecken müssen. Ein Vorbild ist bereits in den deutschen Aus-
lieferungsverträgen mit England und Nordamerika gegeben?. Nach
denselben wird bezüglich des Auszuliefernden die Schuldfrage ge-
prüft, die richterliche Untersuchung hat den Zweck festzustellen,
ob die Beweise genügen, um „nach deutschen Gesetzen die Ver-
weisung des Ergriffenen zur Hauptuntersuchung zu rechtfertigen“,
mit anderen Worten, um gegen denselben, weil er der Strafthat
hinreichend verdächtig ist, das Hauptverfahren gemäss $ 201 der
Str.-P.-O. zu eröffnen. Der Verurtheilte wird vor der Entschei-
dung zu hören, ihm auch die Zuziehung eines Vertheidigers zu
gestatten sein. Findet‘ der Gerichtshof die Schuldfrage nicht
nachgewiesen, so wird der Vollstreckungsrequisition nicht statt-
gegeben werden können. Ist die Strafe nach Ansicht des Ge-
richts zu hoch, so wird in dem nach Abschluss der Nachprüfung
® Im Civilprozess spielt die Nationalität insofern eine Rolle, als die
Vollstreckungsklage nicht gegeben ist, wenn das fremde Urtheil ohne alle
Einlassung des Beklagten ergangen und dieser ein Deutscher war ($ 661
Nr. 4 der C.-P.-O).