Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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stellte sich nunmehr Begehrsucht ein und diese führte leicht auf 
Abwege von dem Rechte. Die schmale Grenze zwischen Recht 
und Unrecht liess aber gerade hier sich um so leichter über- 
schreiten, als die wenig glückliche Wortfassung der einschlägigen 
Gesetzesstellen oftmals zu einem Missverstehen des gesetzgeberi- 
schen Willens in ihnen Anhalt bietet. Begünstigt wurde das 
Streben der Begehrenden auch noch durch das Entgegenkommen 
des Reichsversicherungsamtes, welches als höchste Spruchbehörde 
in Streitfällen aus der öffentlichen Versicherung in zahlreichen 
seiner Entscheidungen sich von der Auffassung leiten liess, dass 
man entsprechend der wohlwollenden Absicht des Gesetzgebers 
die Wohlthaten der Invaliditäts- und Altersversicherung möglichst 
breiten Schichten der Bevölkerung zukommen lassen müsse, dabei 
allerdings mehr theoretischen Erwägungen als den Bedürfnissen 
des praktischen Lebens Rechnung tragend. In Folge dieser 
Ziauberformel wurde mancher rechtlich zweifelhafte Rentenanspruch 
zugebilligt, was zur Folge haben musste, dass die ersten schüch- 
ternen Versuche sich zu immer stärker ausartendem Vorgehen 
gestalteten, gegen welches Schutzmassregeln zu ergreifen eine nahe- 
liegende Pflicht der geschädigten Versicherungsanstalten war. 
II. Voraussetzung der Versicherungspflicht ist die wirthschaft- 
liche Abhängigkeit einer Person von einer anderen. Es genügt 
mithin nicht, dass der eine Theil seine Arbeitskraft einsetzt und 
der andere davon Gebrauch macht, vielmehr muss als weiteres 
Erforderniss hinzutreten, dass beides gegen eine Vergütigung ge- 
schieht. Dies ergiebt sich unverkennbar aus der Wortfassung und 
der Enntstehungsgeschichte des Inv.-Vers.-Ges. $ 1 in Ueberein- 
stimmung mit der Anleitung dazu vom 31. Okt. 1890, insonder- 
heit der daselbst gebrauchten Worte gegen Lohn oder Gehalt. 
Wenngleich nun die gesammte arbeitende Bevölkerung sämmt- 
licher Berufszweige unbekümmert um die Dauer des Beschäfti- 
gungsverhältnisses, um das Geschlecht, sowie um die persönlichen 
Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer dadurch
	        
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