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die von dem Reiche eingegangenen bezw. übernommenen völker-
rechtlichen Verbindlichkeiten ohne den Erlass eines Gesetzes gegen
den Sklavenhandel nicht sinngemäss erfüllt werden konnten. Be-
reits durch das am 20. März 1879 mit England abgeschlossene
Uebereinkommen hatte sich das Reich verpflichtet, an der Be-
kämpfung und Unterdrückung des Sklavenhandels Theil zu nehmen;
das Uebereinkommen bestimmte nämlich, dass alle Rechte und
Pflichten, welche Preussen aus seiner Betheiligung an dem sog.
Quintupalvertrag vom 20. Dez. 1841 erwachsen waren, ohne Ein-
schränkung auf das Reich übergehen’; inhaltlich dieses Vertrags
sind aber die Signatarmächte desselben gehalten, das Gewerbe des
Negerhandels für ein Verbrechen zu erklären und als solches zu
bestrafen. Eine inhaltlich verwandte Verpflichtung enthält der
Schlusssatz des Art. 6 der Kongoakte vom 26. Febr. 1885, welcher
lautet: „Da nach den Grundsätzen des Völkerrechts, wie solche
von den Signatarmächten anerkannt werden, der Sklavenhandel
verboten ist und die Operationen, welche zu Land oder zu See
diesem Handel Sklaven zuführen, ebenfalls als verboten anzusehen
sind, so erklären die Mächte, welche in den das konventionelle
Kongobecken bildenden Gebieten Souveränitätsrechte oder einen
Einfluss ausüben oder ausüben werden, dass diese Gebiete weder
als Märkte noch als Durchgangsstrassen für den Handel mit
Sklaven, gleichviel welcher Race, benutzt werden sollen; jede
dieser Mächte verpflichtet sich zur Anwendung aller ihr zu Ge-
bote stehenden Mittel, um diesem Handel ein Ende zu machen
und diejenigen, welche ihm obliegen, zu bestrafen.“ Noch schärfer
wurde die Strafpflicht des Reichs gegenüber dem Sklavenhandel
durch Art. 5 der Generalakte der Brüsseler Antisklaverei-K.onfe-
renz vom 2. Juli 1890 (R.-Ges.-Bl. 1892, S. 605 u. f.) präzisirt;
laut dieser Vereinbarung verpflichten sich die Signatarmächte, so-
fern nicht schon durch Gesetze, die dem Geiste dieses Artikels
® Vgl. hierüber v. Marrırz, Das internationale System zur Unterdrückung
des Sklavenhandels, Archiv für Öffentliches Recht Bd. I S, 43 u. fg.