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Mutter. Unter den ehelichen sind auch die durch nachfolgende
Ehe legitimirten unehelichen Kinder begriffen. Ueber die reli-
giöse Erziehung der Findelkinder entscheidet der Vormund mit
Zustimmung des Amtsgerichts nach eingeholtem Gutachten des
Ortsvorgesetzten und des Waisenrichters. Eine Aenderung der
religiösen Erziehung steht bei ehelichen Kindern der Mutter zu,
wenn das Recht der Erziehung auf sie übergegangen ist, sei es
mit dem Ableben, sei es in gewissen Fällen schon bei Lebzeiten
des Vaters; die Aenderung kann aber nur mit Genehmigung des
Amtsgerichts u. Ss. w. vorgenommen werden. Bei Waisen kann
eine Veränderung der Religion nur aus besonders erheblichen
Gründen und nur mit Genehmigung des Justizministeriums statt-
finden. Ein rechtlicher Einfluss auf die religiöse Erziehung der
Kinder ist nach der badischen Gesetzgebung weder dem Staate
noch den Religionsgesellschaften eingeräumt”.
Der hessische Entwurf wollte (wie in Baden) das Bestim-
mungsrecht den in gemischter Ehe lebenden Eltern mit gewissen
Beschränkungen zugestehen, dafür aber die gleichen Beschrän-
kungen den Eltern, welche in ungemischter Ehe leben, neu auf-
erlegen. Nach dem Vorbilde des badischen Gesetzes sollte nicht
nur für gemischte, sondern auch für ungemischte Ehen das Be-
stimmungsrecht der Mutter und des Vormunds eng begrenzt
werden®. Die ausdrückliche Aufhebung der Verordnung vom
27. Jan. 1826 durch Art. 8 sollte die seitherige Vorschrift, wo-
nach die religiöse Erziehung der Kinder aus gemischten Ehen,
wenn kein gegentheiliger vorehelicher Vertrag vorliegt, in keiner
anderen Religion als der des Vaters stattfinden darf, für Ver-
gangenheit und Zukunft ausser Wirksamkeit setzen. Bei den
Berathungen der Kammer der Abgeordneten stiess der Ge-
setzesentwurf auf Widerstand. Vielfach befürchtete man neue
? 8. Art. Religiöse Kindererziehung im Wörterbuch des Verwaltungs-
recht, IL Bd. S. 887.
° 8, Scmmiprt, ]. 0..8..418..