Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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ständen gerade den Grund zu dauerndem Unfrieden legt. Uebrigens 
konnte das System in Wirklichkeit doch nicht verhindern, dass 
Religionswechsel vorgenommen wurden trotz des staatlichen Ver- 
bots, zu dessen Durchführung bei nachhaltigem Widerstande der 
Eltern ein mit den heutigen Anschauungen unverträgliches Maass 
von Zwangsmitteln angewendet werden müsste. Deshalb waren 
auch Dispensationen von dem Verbote von jeher unvermeidlich. 
Die höhere principielle Rücksicht auf das Erziehungsrecht, die 
(sewissensfreiheit und Gleichstellung der Konfessionen. musste 
davon abhalten, durch die staatliche Gesetzgebung in das wichtige 
Recht der Eltern und Kinder bei gemischten Ehen beschränkend 
einzugreifen und einen ungleichförmigen bürgerlichen Rechtszustand 
zu schaffen u. s. w.!%. Die Motive verwerfen aber auch das System 
bindender Verträge mit dem Rechte der Abweichung bei gegen- 
seitigem Einverständniss und gelangen zur Anerkennung der freien, 
auch durch Verträge nicht wirksam zu bindenden Bestimmung 
der Eltern über die religiöse Erziehung der Kinder. — 
Nach wie vor ist die Verordnung vom 27. Febr. 1826 
eine Quelle von Kontroversen und Weiterungen. Abreden über 
die religiöse Erziehung (Konfession) der Kinder aus gemischten 
Ehen sind nur rechtsverbindlich, wenn sie in gültigen, vor Ein- 
gehung der Ehe abgeschlossenen Eheverträgen getroffen werden. 
Jeder in anderer Form geschlossene Vertrag ist rechtlich un- 
wirksam 2°. Hiernach ist erforderlich: Vorhandensein eines Ehe- 
vertrags; Abschluss desselben vor der Ehe (ein nach Eingehung 
der Ehe gültig abgeschlossener Ehevertrag befreit nicht von der 
Verordnung); schliesslich: Gültigkeit des vor Eingehung der Ehe 
geschlossenen Ehevertrags. Die rechtliche Gültigkeit des Ehe- 
vertrags bestimmt sich nach dem Civilrecht. Die wesentlichen Vor- 
108. Verhandlungen der 2. Kammer der Landstände 1876/78. XXII. Land- 
tag, Beil. No. 804 zum 46. Prot. 
2° Eingeschärft durch Ministerialbekanntm. vom 6. Dez. 1842, Reg.-Bl. 
No. 834 S. 548, ScHMipT, 1. c. 8. 407.
	        
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