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aussetzungen sind hiernach: Ehemündigkeit (16. bezw. 20. Lebens-
jahr, R.-Ges. vom 6. Febr. 1875); Abschluss vor dem zustän-
digen Organ (in Starkenberg und Oberhessen Ortsgericht, in
Rheinhessen Notar) in der vorgeschriebenen Form, schliesslich:
Assistenz bezw. Mitwirkung der befugten Personen (Eltern, Vor-
mund) bei Abschluss des Ehevertrags. Eine einfache Beredung
oder eine nach dem bürgerlichen Rechte nicht als gültiger Ehe-
vertrag anzusehende Vereinbarung befreit nicht von der Vor-
schrift ?!,
Es ist hier nicht der Ort auf die aus dem System der Ver-
ordnung folgenden Widersprüche, wie solche die Monographie von
Oberlandgerichtsrath Dr. ScHmipT: die Konfession der Kinder
u. 8. w. 8. 408 treffend hervorhebt, einzugehen, noch weniger die
Frage zu untersuchen, ob die vielumstrittene Verordnung nicht
in Form eines Gesetzes zu erlassen gewesen wäre??. Nach der
lange herrschenden strengen Auffassung erschien die Staatsgewalt
berechtigt und verpflichtet, eine jede Abweichung vom Vertrage
oder der subsidiären gesetzlichen Regel, als wider prohibitive ge-
wissermassen öffentlich-rechtliche Gesetze verstossend staatspolizei-
lich zu reprimiren, also in solchem Falle das Kind aus einer
gemischten Ehe gegen den übereinstimmenden Willen der Eltern
einem anderen religiösen Unterrichte bezw. einer anderen kon-
fessionellen Schule, zwangsweise zuzuführen und so, von Amtswegen
oder auf Requisition der Geistlichkeit einer Kirche, nöthigenfalls
manu militari die Ausführung eines Vertrags zu erzwingen, welchen
die vertragschliessenden Personen selbst nicht ausgeführt haben
wollen, dessen Ausführung vielmehr ihrer Ueberzeugung und ihrer
Ansicht von Elternpflichten gerade zuwiderläuft ?®!
Bei Beschwerden der betheiligten Kirchen- und Schulbehörden
21 $, Zeitschrift für Staatse- und Gemeindeverwaltung, 1. c. 8. 186.
22 S, hierüber ScHaipr, 1. c. 8. 409, 410.
38 Vgl. die Motive zum 1878er Gesetzentwurf. Verhandlungen der
2. Kammer, 22. Landtag, Beil. No. 23 zum 4. Prot. 8. 4.