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israelitischen Religionsgemeinden Vorschriften?, Da die Zu-
gehörigkeit zu einer der Kirchen oder Religionsgemeinschaften
neben den rein kirchlichen auch gewisse bürgerliche (kirchen-
politische) Wirkungen, gewisse Rechte und Pflichten enthält (aktives
und passives Wahlrecht bei Kirchen- nnd Schulvorstandswablen,
Beitragspflicht zu lokalen Umlagen und Kirchensteuern hat das
Gesetz vom 10. Sept. 1878 die bürgerlichen Wirkungen des
Austritts an bestimmte, die nöthige Veränderung mit genügender
Rechtssicherheit konstatirende Formen gebunden. Der Austritt
hat nur dann jene Wirkungen, wenn er in den hier vorgeschriebenen
Formen stattfand (Art. 1). Der Uebertritt zu einer anderen
Kirche oder Religionsgemeinschaft, gilt als Austritt aus der seit-
herigen, doch in Bezug auf finanzielle Beitragspflichten zum seit-
herigen Verbande nur bei Beobachtung der nachfolgend vor-
geschriebenen Formen. Der Austritt ohne Uebertritt geschieht
durch formelle Anzeige, die persönliche Anmeldung bei dem
Amtsgerichte des Wohnorts. Der vier Wochen vorher zu stellende
Antrag wird von dem Richter ungesäumt dem Vorstand der seit-
herigen Religionsgemeinschaft mitgetheilt; der Antrag verliert seine
Wirkung von selbst, wenn ihm nicht innerhalb einer Maximalfrist
(6 Wochen) der Austritt folgt. Die persönliche Beitragspflicht
zu Gunsten der verlassenen Gemeinschaft erlischt durch den Aus-
tritt, und zwar mit dem Jahresschluss, wenn der Austritt in der
ersten Hälfte des Jahres erfolgte, andernfalls mit dem Schluss
des auf die Austrittserklärung folgenden Jahres (lokale und Landes-
kirchensteuern). Zu den Umlagen für Kosten eines ausserordent-
lichen Baues (Neubauten und Hauptreparaturen), dessen Nothwen-
digkeit vor dem Jahresschluss festgestellt wurde, trägt der Aus-
tretende noch bis zum Schlusse des zweitfolgenden Jahres bei (Art. 4).
'Das Gesetz gilt für die beiden christlichen Kirchen und für die mit
Korporationsrechten versehenen Religionsgemeinschaften, Gemein-
# Die Verfassung und Verwaltung des Grossherzogthums Hessen
(KÜcHLER), neu bearbeitet von BRAUN u. WEBER, II. Bd. 8. 425, 571.