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„Es sollen demgemäss in thunlichster Beschleunigung
übereinstimmende Betriebseinrichtungen getroffen, insbeson-
dere gleiche Bahnpolizeireglements eingeführt werden.“
Durch wen dies geschehen soll, sagt Art. 43 nicht; nach
Sachlage können aber nur die Bundesregierungen das logische
Subjekt des Satzes sein. Es ergiebt sich dies nicht nur aus dem
durch das Wort „demgemäss“ hergestellten Zusammenhang mit
Art. 42 als aus dem Ausdrucke „gleiche Bahnpolizeireglements“,
welcher auf eine Mehrheit von Anordnungen identischen Inhalts
hindeutet. Der formelle Erlass solcher Anordnungen gehört
deshalb lediglich zur Kompetenz der Einzelstaaten, nicht zu der
des Reichs (HAENEL, Deutsches Staatsrecht I [1892], S. 645;
LABAnD, Staatsrecht des Deutschen Reichs, 3. Aufl. [1895], II
S. 109).
Die für das (regentheil angeführten Gründe des Reichsober-
handelsgerichts (Entsch. 21, 8. 61ff.) sind nicht überzeugend.
Dass der „Zweck“ des Gesetzes die directe Einführung eines
Bahnpolizeireglements durch das Reich sei, muss so lange be-
stritten werden, als der Wortlaut und Sinn des Gesetzes das
Gegentheil besagt und sich aus ihm in Verbindung mit der Reichs-
Verf. Art. 4 Ziff. 8 („Beaufsichtigung“) höchstens eine Einwirkungs-
pflicht des Reichs auf die Bundesstaaten zur Einführung gleicher
Reglements folgern lässt. Dass der Reichstag im Jahre 1869,
also nach Erlass der Verfassung des Norddeutschen Bundes, die
Art. 42 und 43 im Sinne einer direkten Thätigkeit des Reichs
interpretirt hat (Stenograph. Bericht 1869, 8. 828), hat noch
weniger Bedeutung als wenn er es vor Erlass der Bestimmung
gethan und trotzdem etwas seiner Interpretation offenbar Wider-
sprechendes in das Gesetz aufgenommen hätte.
Man könnte höchstens mit dem Reichsoberhandelsgericht
(Entsch. 21 S. 62) eine Befugniss des Bundesraths zur Publi-
kation von Bahnpolizeireglements aus Reichs-Verf. Art. 7 Ziff. 2
herleiten, laut dessen der Bundesrath beschliesst
„über die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen
allgemeinen Verwaltungsvorschriften und. Einrichtungen, so-
fern nicht durch Reichsgesetz etwas Anderes bestimmt ist“,
Archiv für Öffentliches Recht. XI. 4. 38