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gebers jedenfalls nicht gewollten Zustande abzuhelfen. In jüngster
Zeit hat das Reichsversicherungsamt einen Ausweg zu finden
gemeint. Die Vorschrift des Unf.-Vers.-Ges. $ 63 sollte ihm als
geeignete Handhabe dienen. Darnach kann, wenn in dem Falle
des $ 6 Ziff. 2, d. h. der beanspruchten Wittwen- und Waisen-
rente, die Anerkennung oder Nichtanerkennung des Rechtsver-
hältnisses zwischen dem Getödteten und dem die Entschädigung
Beanspruchenden die Voraussetzung des Entschädigungsanspruches
bildet, das Schiedsgericht oder das Reichsversicherungsamt den
Betheiligten aufgeben, zuvörderst die Feststellung des betreffenden
Rechtsverhältnisses im ordentlichen Rechtswege herbeizuführen.
Auf diese Rechtsregel gestützt, hat in einem Rentenfalle, wo die
am 2. Jan. 1893 geborene Tochter eines am 21. Sept. 1893 un-
streitig betriebsgetödteten Kutschers, welcher mit deren Mutter
am 27. Febr. 1887 die Ehe eingegangen ist, aber seit Juli 1889
von dieser getrennt lebt, einen Anspruch auf Waisenrente er-
hob, das Reichsversicherungsamt durch Rekursentscheidung vom
24. Sept. 1895 (abgedr. im Fuhrhalter No. 48 vom 28. Nov. 1895)
in Uebereinstimmung mit dem Berufungsurtheile des Schieds-
gerichtes vom 24. Juli 1894 den die beanspruchte Rente versagen-
den Bescheid der Fuhrwerksberufsgenossenschaft vom 28. März
1894 bestätigt, weil der Vormund der Beanspruchenden es ver-
absäumt hatte, der durch Beschluss vom 3. Jan. 1895 ihm auf-
erlegten Verpflichtung nachzukommen: „zunächst die Feststellung
im ordentlichen Rechtswege zu erwirken, dass seinem Mündel
gegenüber der Beklagten die Rechte eines ehelichen Kindes zu-
stehen.“ Ungeachtet der Zweckmässigkeit eines derartigen richter-
lichen Vorgehens unterliegt dessen Rechtmässigkeit doch so schwer-
wiegenden Bedenken, dass das höchstinstanzliche Spruchgericht in
Unfallsachen sich füglich doch davor hüten sollte, Rechtsgrund-
sätze zu erkennen, welche so stark in Widerspruch zu den Rechts-
regeln des Privatrechtes sich versetzen und womit es seiner Auf-
fassung in der Rekursentsch. No. 1487 v. 6. November 1893
(Amtl. Nachrichten 1896 S. 219) entgegentritt in welcher es die
Beweislast für die Dlegitimität des Kindes der Berufsgenossen-
schaft auferlegt.