Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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die, dass das ganze grosse Gebiet der Wohlfahrtspolizei, das immer mehr 
in den Vordergrund tritt, je mehr der Staat aufhört — wie man zu sagen 
pflegt — sich auf Nachtwächterdienste zu beschränken, dass dieses ganze 
grosse Gebiet als ein der Polizei gegenüberstehender Zweig der Staatsthätig- 
keit oder wohl auch gar als völlig ausserhalb der Staatsaufgabe liegend an- 
gesehen wird. Hiergegen macht der Verfasser energisch Front. Er sucht 
nachzuweisen, dass der $ 10 II 17 A.-L.-R. nicht entfernt die Bedeutung 
einer begrifflichen Begrenzung habe, sondern nur auf eine Bestimmung und 
Umgrenzung der exekutivischen Amtsgewalt der Polizeibehörden ge- 
richtet gewesen sei. Das Wesen des Begriffes der Polizei sei aus anderen 
Satzungen des A.-L.-R. zu entnehmen und der Begriff der Polizei lasse sich 
danach als die Gesammtheit der auf die Herstellung der inneren Sicherheit 
und Wohlfahrt der Staatsbürger gerichteten staatlichen Thätigkeit zusammen- 
fassen. Daraus ergebe sich weiter, dass auch für den Umfang des Polizei- 
verordnungsrechtes nach A.-L.-R. der $ 10 II 17 a.a. O. keine Begrenzung 
gegenüber dem allgemeinen Polizeibegriffe bilden könne. Das Straf- 
verordnungsrecht der Landespolizeibehörden finde seine erste gesetzliche 
Grundlage in der Verordnung vom 26. Dez. 1808 und in der Geschäfts- 
instruktion für die Regierungen von demselben Tage bezw. in der späteren 
Instruktion von 1817. Was aber das Polizeigesetz vom 11. März 1850 an- 
lange, so enthalte dieses keine Begriffsbestimmung der Polizei. Man sei 
daher berechtigt, ihm gegenüber die bisherigen Resultate zu Grunde zu 
legen und zwar um so mehr, als aus den Materialien des Gesetzes deutlich 
erhelle, dass der Gesetzgeber gerade nur deshalb, weil das Gebiet der Polizei 
ein fast unbegrenztes und die Polizei selbst der Rest oder das noth- 
wendige Komplement der übrigen Zweige der Staatsgewalt sei, von einer 
näheren Begriffsbestimmung abgesehen habe. So ungefähr ist der Gedanken- 
gang des Verfassers in der beregten Frage und wir halten es durchaus nicht 
für ausgeschlossen, dass die von ihm vorgetragenen Ansichten eine grosse Um- 
wälzung herbeiführen können. Mit Einwänden, wie der, dass die neue Theorie 
in’s Uferlose führe, ist die Sache nicht abgethan. Denn der Gesetzgeber von 
1850 hat selbst anerkannt, dass das Gebiet der Polizei „ein fast un- 
begrenztes sei“ und wollte er — um denselben Ausdruck zu gebrauchen 
— in's Uferlose steuern, so ist das hinzunehmen. Die schöpferische Thätig- 
keit der Wissenschaft und Praxis darf sich nun und nimmer dazu verleiten 
lassen, den Gesetzgeber zu korrigiren. Uebrigens ist die Frage, ob die 
herrschende Meinung den realen Bedürfnissen des Lebens besser dient als 
die Rosın'sche, sehr diskutabel und keineswegs ausgetragen, Wir im Be- 
sonderen haben gerade hierüber unsere eigenen Gedanken, die jedoch selbst- 
redend im Rahmen einer Besprechung keinen Ausdruck finden können. 
Zum Schluss noch Eines. Der Verfasser ist Mannes genug, um sich 
seiner Haut zu wehren gegen jeden Widerspruch, so dass er unserer Für- 
sprache wohl entrathen kann. Immerhin möge er uns gestatten, ihm die
	        
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