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lichen Gesetzbuches der grösste Theil der Notariatsgeschäfte den
Gerichten übertragen werden. Das Wenige, was noch bleibt,
würde dann von Rechtsanwälten besorgt und für die Sanierung des
Standes wäre nichts gewonnen. Dieser hat im Gegentheil ein
Interesse an der Schaffung eines lebenskräftigen Notariats,
das, ähnlich wie in Frankreich, neben der Kautelarjurisprudenz
die rechtsverständige Berathung des Publikums in Vermögens-
angelegenheiten übernehmen würde.
Aber nicht nur das Notariat, sondern auch die Konkurs-
verwaltungen, sowie die anderen, meist recht einträglichen Ver-
walterposten, wirken nachtheilig auf die Thätigkeit des Rechts-
anwaltes ein. Die Konkursverwaltung bringt den Anwalt in
ein Abhängigkeitsverhältniss zum Amtsrichter, das nicht nur da-
durch begründet wird, dass der Richter diese Stellung nach Gut-
dünken zu vergeben hat, sondern die ganze Thätigkeit des Kon-
kursverwalters verlangt die richterliche Beaufsichtigung. Es würde
darum in Erwägung zu ziehen sein, ob nicht nach Analogie der
Official Receivers in England’! ständige, unter strengster
richterlicher Aufsicht stehende, dem Anwaltsstande nicht
angehörige, Konkursverwalter mit territorial abgegrenzten
Bezirken ernannt werden sollen. Aber nicht nur in ein Abhängig-
keitsverhältniss vom Richter, sondern auch in die Stellung eines
Maklers und Geschäftsmannes wird der Rechtsanwalt, dessen
Beruf ein nobile officium sein soll, hineingedrängt, wenn er als
Konkursverwalter die Vermögensstücke veräussern soll. Damit
wird ein weiterer wunder Punkt unseres Anwaltsstandes berührt,
dessen Angehörige nicht nur zu Konkursmassen gehörige Objekte,
sondern auch andere, sei es zu Erbschaftsmassen, sei es Einzelnen
gehörende Güter auftragsweise verkaufen. Dies sind nicht Sachen
des Anwaltes, sondern des Agenten, dessen Arbeitsfeld
strenge von dem des Rechtsanwaltes abgetrennt sein
71 ScHusTErR, Die bürgerliche Rechtspflege Englands. Berlin 1887, S, 92.