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und durch dieselben weiter fortgebildet worden ist. Nur bitte
ich dabei immer beachten zu wollen, dass das sanitätspolizeiliche
Beiwerk, mit dem unsere Einrichtung durchflochten ist, für die-
selbe an sich nicht nothwendig ist, sondern, dass es nur als eine
Beigabe zu betrachten ist, die wir aus verschiedenen Gründen
für zweckmässig erachtet haben.
Da sich die Einrichtung aber anschliesst an unsere kommu-
nale Kinderfürsorge, so ist es erforderlich, erst diese mit wenigen
grossen Strichen darzulegen:
Unsere kommunale Kinderfürsorge gliedert sich, wie dies auch
anderwärts zumeist der Fall ist, gemäss den ihr gestellten Auf-
gaben und gemäss dem den einzelnen Zweigen innewohnenden
verschiedenen rechtlichen Charakter in drei grosse Zweige: in die
Fürsorge für die Zieh- oder Haltekinder, in die armenrechtliche
Fürsorge für erziehungsbedürftige Kinder (Waisenkinder, Halb-
waisen, verlassene Kinder etc.) und endlich in die armenpolizei-
liche Fürsorge für der Verwahrlosung anheimgefallene oder ent-
gegengehende Kinder (die Fälle der Zwangerziehung), wobei noch
bemerkt sein mag, dass nach diesseitigen landesgesetzlichen Be-
stimmungen die Zwangserziehung nicht erst nach stattgehabter
Bestrafung des Kindes, sondern auch schon bei nachgewiesener
(Gefahr der Verwahrlosung eintreten kann.
Was zunächst das Ziehkinderwesen anlangt, so hat der Rath
die ihm zustehende obrigkeitliche Aufsicht darüber seiner Ab-
theilung für das Armenwesen — dem Armenamte — übertragen,
weil bei demselben bereits seit langen Jahren eine Einrichtung
für die Wahrnahme der Interessen dieser armen Kinder bestand.
Im Jahre 1824 überliess nämlich ein ungenannter Menschenfreund
dem damaligen Armendirektorium ein Kapital von 7500 Mk.
unter der Bedingung, dass der Kapitalstock unangreifbar bleiben,
der Zinsenertrag aber zur Förderung der Fürsorge für uneheliche
Kinder verwendet werden sollte. Diese Zuwendung wurde die
finanzielle Grundlage unserer jetzigen Ziehkinderanstalt. An