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Zweck der Betreibung der Alimentationsprozesse für die in Rede
stehenden Ziehkinder gegen Gewährung einer Entschädigung aus
der Staatskasse zu machen sei, wie dies im Interesse einer zweck-
mässigen Betreibung der Ehesachen für Arme mit Erfolg ge-
schehen ist u.s.w. u.s.w. — —#,
Diese Verordnung musste uns nach doppelter Richtung hin
mit lebhafter Genugthuung und Freude erfüllen. Zunächst gab
sie uns Zeugniss dafür, dass das Kgl. Ministerium der Justiz
schon der rein menschlichen Seite der Angelegenheit sein so
schätzbares Wohlwollen nicht vorenthalte, dann aber, und das war
für uns das ungleich Wichtigere, schöpften wir aus derselben die
Gewissheit, dass die höchste Justizbehörde des Landes sich an
einem freundlichen aber thatlosen Wohlwollen nicht genügen lasse,
sondern ihr Interesse an der Sache auch dadurch zu bethätigen
geneigt sei, dass sie auf ihrem Gebiete einer Ordnung derselben
die Wege ebnen und alle Anstände nach Kräften aus dem Wege
räumen helfen wolle.
Mit solcher Hoffnung auf ein glückliches Gelingen trat das
hiesige Armenamt in die Verhandlungen mit der Vormundschafts-
abtheilung des Kgl. Amtsgerichts ein. Ueberall ergab sich die
erfreulichste Uebereinstimmung. Nur in einem Punkte wich das
Armenamt von der in Vorschlägen niedergelegten Ansicht des
Amtsgerichtes ab. Es glaubte bei der grossen Anzahl der Be-
vormundeten den in der Person eines Privaten als Vormund
liegenden „Reibungscoeffizienten“ in seiner Wirkung nicht unter-
schätzen zu sollen und neigte sich daher der Anschauung zu, dass
es im Interesse des Geschäftsganges, wie im Interesse des Publi-
kums rathsamer sein möchte, an. die Stelle des privaten Vor-
mundes durchaus die Person des Armenamtsvorsitzenden zu stellen.
Dem freundlichen Entgegenkommen und der Förderung, die wir
auch von Seiten des Kgl. Amtsgerichts fanden, hatten wir es zu
danken, dass bereits Anfang Mai 1886 das Kgl. Ministerium auf
Grund dieser Besprechungen folgende Bestimmungen über die