Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

— 106 — 
stets eine causae cognitio auch vor der auf Nichtverfolgung lau- 
tenden Entscheidung eintreten zu lassen; auch die eifrigsten An- 
hänger des Opportunitätsprinzips würden dem Staatsanwalt nicht 
das Recht zusprechen wollen, die Verfolgung einer mit schwerer 
Strafe bedrohten That und trotz dem bei Einleitung des Straf- 
verfahrens in Aussicht stehenden Erfolg nur um deswillen zu 
unterlassen, weil er meint, mit dieser Unterlassung werde dem 
Staatsinteresse besser gedient, als mit der Verfolgung. Das war 
freilich eine zu optimistische Annahme HEInzEs, denn da, wo das 
„öffentliche Interesse“ als das Offizialprinzip beschränkend wie 
anregend für Initiative und Durchführung des Strafverfahrens an- 
erkannt wird, giebt es für die Beurteilung des Vorliegens eines 
solchen Interesses keine Grenzen und es kann darunter manches 
einseitige Regierungsinteresse untergeschoben werden, wenn dem 
Staatsanwalt als Beamten der Justizverwaltung gegen seine Mei- 
nung von den vorgesetzten Behörden eine Strafverfolgung unter- 
sagt oder aufgenötigt wird — ohne Angabe auch nur irgend 
eines Grundes, die ja nicht zu geschehen braucht. Gegen eine 
Aufnötigung der Strafverfolgung durch Vorgesetzte wie durch 
Verletzte, selbst durch die in der Presse sich geltend machenden 
Stimmen, die ja keineswegs immer die wahre öffentliche Meinung 
kund geben, soll das Jiegalitätsprinzip die Strafgesetzvollziehungs- 
organe ebenso schützen, wie die Gesellschaft gegen ungesetzliche 
Unterlassungen von Strafverfolgungen. 
8 5. 
Die neuere Doktrin verhält sich immer noch etwas schwan- 
kend inbezug auf die Begrenzung der beiden hier behandelten 
Prinzipien. LöwE, Kommentar zür St.-P.-O. $ 152 in Anm. 4a 
bestimmte den Inhalt des Legalitätsprinzips dahin: es soll der 
Staatsanwaltschaft nicht zustehen, strafbare Handlungen, bei 
denen die Voraussetzungen der Bestrafung vorliegen, aus Zweck- 
mässigkeitsgründen unverfolgt zu lassen. Der Gegensatz davon
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.