Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

— 107 — 
wäre das sog. Opportunitätsprinzip, nach welchem die Staats- 
anwaltschaft befugt sein solle, in einzelnen Fällen auch beim Vor- 
handensein jener Voraussetzungen von der Verfolgung Abstand 
zu nehmen und zwar insbesondere dann, wenn wegen der Ge- 
ringfügigkeit des Deliktes das Interesse der öffent- 
lichen Ordnung die Verfolgung nicht erheische. Dagegen 
stehe in keiner Beziehung hierzu das Ermessen der Staatsanwalt- 
schaft aus Rücksichten prozessualer Zweckmässigkeit begründet 
erscheinende Klagen wegen in Aussicht stehender Erfolglosigkeit, 
etwa wegen Beweisschwäche, ganz oder einstweilen nicht zu er- 
heben #, 
M. STEnGLEIN, Kommentar, 2. Aufl. 8. 308, erklärt die 
Staatsanwaltschaft unter der Voraussetzung, dass sie überhaupt 
das Vorliegen einer strafbaren Handlung erkennt und deren Ver- 
folgung ein gesetzliches Hindernis nicht im Wege steht, für ver- 
pflichtet, die öffentliche Klage zu erheben (Legalitätsprinzip im 
Gegensatz zum Opportunitätsprinzip, vermöge dessen jede Ver- 
folgung ins Ermessen der Staatsanwaltschaft gelegt sei). Die 
einzige Ausnahme vom Legalitätsprinzip, welche die Strafprozess- 
ordnung kenne, findet STENGLEIN im 8 416 Str.-P.-O. 
v. Krıes, Lehrbuch des deutschen Strafprozessrechts 1892, 
88 37, 38 leitet das Legalitätsprinzip aus der materiellen Wahr- 
heitserforschung in folgender Weise ab: Wenn in den Gesetzen 
des materiellen Strafrechts vorgeschrieben werde, dass derjenige, 
welcher ein bestimmtes Verbrechen begangen habe, mit einer be- 
stimmten Strafe belegt werden solle, so werde damit zum Aus- 
druck gebracht, dass jeder, der sich jener Handlung schuldig 
gemacht, aber auch nur er bestraft werde und auch nicht 
* Vgl. namentlich die Verhandlungen des zweiten Juristentags (zu 
Dresden) und die von Dr. Schwarze verfassten 9 Thesen nebst Motivie- 
rung, ferner GLAsER in v. Holtzendorffs Rechtslexikon, 2. Aufl. II S. 369 ff., 
die Litteratur in Schwarzes Kommentar zu $ 512 St.-P.-O., Jonxns Kom- 
ment. I 8, 5öff., GEYER, Lehrbuch des Strafprozessrechts, 8. 406.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.