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beschränkt die Opportunität auf die gesetzlichen Ausnahmen, in-
dem er verwirft, „dass strafbare Handlungen bestimmter Art fort-
dauernd in grosser Anzahl unter Kenntnis und Duldung der
Polizei begangen werden, wie die mit der Prostitution zusammen-
hängenden, Zweikämpfe, Wucher, Duldung von Glücksspielen,
Nahrungsmittelfälschungen u. s. w. Die Schwierigkeit, welche an
und für sich für das materielle Strafrecht besteht, wird auf das
Prozessrecht abgewälzt, damit aber auf eine Ueberwindung der-
selben überhaupt verzichtet und der Strafrechtspflege der Cha-
rakter des Zufälligen, Launenhaften gegeben. Diejenigen Oppor-
tunitätsgründe, welche von Anhängern dieses Prinzips einiger-
massen mit Recht angeführt werden, lassen sich fast durchweg
auf materiell-rechtliche Gesichtspunkte zurückführen®.
Sehr richtig bemerkte Heinze a. a. OÖ. S. 295 Anm. 2 gegen
den damaligen Hauptverfechter des Opportunitätsprinzips, den
chemaligen österreichischen Justizminister Dr. GLASER, aus dessen
Feder die österreichische Strafprozessordnung von 1873 geflossen
ist, dass die Entscheidung über die Einleitung eines bestimmten
Strafprozesses nicht Administrativangelegenheit, sondern
prozessualische Verfügung sei — und einstweilen sei beigefügt:
als Staatspflicht.
8 6.
Das Legalitätsprinzip ist „ein staatsrechtliches Prinzip
ersten Ranges“ (LABAnD, Staatsrecht II S 87).
Die Entscheidung der Frage, ob die öffentliche Rechtspflege
von der Regierung im einzelnen Falle suspendiert werden könne
oder dürfe? kann im konstitutionellen Staate prinzipiell nicht
der Verfügung der sog. Justizverwaltung als Verwaltungssache
überlassen bleiben, weil sie eine Grundrechtsfrage aus Verfassungs-
sätzen bildet; sie bedarf durchaus einer festen gesetzlichen
° Ueber den Entwickelungsgang des Streites um diese beiden Prinzipien
seit v. GNEIST, GLASER, SUNDELIN, u. a. m. siehe v. KriEs a. a. 0. S. 266
Anm. 1 die das. angeführte Litteratur.