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wo die Staatsanwaltschaft allen politischen Systemen nach Oppor-
tunitätsrücksichten von jeher dienstbar gewesen ist, der in Paris
gegen Secretan und Genossen verhandelte Kupferprozess erwähnt,
worin am 28. April 1890 das Urteil verkündet wurde; dort hatte,
wie öffentlich bekannt gegeben, der Finanzminister Rouvier, um
die Erhebung der Anklage zu hintertreiben, alles versucht, allein
der Justizminister widerstand dem und machte eine Kabinets-
frage gegenüber der an ihn gerichteten Zumutung einer Unter-
drückung der Sache und brachte die Frage vor den Ministerrat,
welcher für ihn entschied — ein Beispiel dafür, welche Interessen-
wirkungen auf die Justizverwaltung versucht werden und siegreich
werden können, um die Strafgesetzgeltung ihrer absoluten Herr-
schaft gegenüber, wenn nicht Charakterfestigkeit und strenges
Festhalten an der Gesetzesherrschaft einen ernsten Widerstand
leisten.
SCHWARZE im Kommentar zu & 152 der St.-P.-O. unter
Anm. 3 bemerkte richtig, dass, wenn auch nicht eine Gesetzgebung
eine das Opportunitätsprinzip direkt oder indirekt billigende Vor-
schrift aufgenommen gehabt habe, doch vielleicht in der Praxis ein-
zelner Länder eine gegenteilige Ansicht nach und nach Raum ge-
wonnenhabe. Das gerade ist es, was den Strafprozess in ein grösseres
Abhängigkeitsverhältnis von den Regierungen gebracht hat: Die
Unbestimmtheit in der Grenzziehung zwischen den Ausnahmen
und der Regel in. den Gesetzen und die diesen ausnutzende
Staatspraris, der gegenüber die Gerichte ziemlich ohnmächtig
dastanden. GLASER a.a. O. I S. 512 ff. hatte schon 1860, na-
mentlich auch gegen den Oberstaatsanwalt v. Gross „das Prinzip
der Strafverfolgung“ in der „Strafrechtspflege* III S. 133 ff. und
385 ff. einen festen Standpunkt für die Sonderung der Straf-
verfolgung von der Strafgerichtsbarkeit, die Unabhängigkeit beider
von einander darzulegen versucht, den er auch im Handbuch des
Strafprozesses (1893) I $ 20 wieder zur Geltung gebracht hat.
Wenn GLASER die Einschränkungen, welche das Legalitätsprinzip