Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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zu nehmen sei, weil es sich um eine Pflicht handle, deren Er- 
füllung mit der Rechtspflege zusammenhänge. Indessen dem gegen- 
über hat GLASER so viele Ausnahmen aus politischen, wirtschaft- 
lichen, sittlichen und anderen Rücksichten aufgeführt, dass die 
Opportunität schliesslich die Oberhand über die Gesetzesgeltung 
gewinnen kann. 
Es giebt allerdings auch staatliche Aufgaben nicht-richter- 
licher Natur, welche die Existenz der Staatsanwaltschaft recht- 
fertigen und der richterlichen Prüfung entzogen sind, aber es 
muss gesetzlich dafür gesorgt werden, dass sie nicht von der 
Regierung zu ihren besonderen Zwecken, welche sich der (zxe- 
sellschaft und der Rechtsordnung gegenüber als Parteizwecke 
erkennbar machen, gebraucht werden könne und dürfe — am 
wenigsten bei Vollzug der so tief in die persönlichen Grundrechte 
eingreifenden Strafgesetze. GLASER betonte besonders, dass der 
Staatsanwalt, wenn er einmal beschlossen habe, vor Gericht auf- 
zutreten, Partei vor dem Richter sei, dass es aber nicht Partei- 
lichkeit sein dürfe, was ihn vor diesen führe, denn das Interesse, 
welches er trage, gehe über das Parteiinteresse hinaus, weil es 
vor allem auf der Wahrheit und Gerechtigkeit beruhe — freilich 
auch auf anderen, der richterlichen Kognition entzogenen Rück- 
sichten; Behörde sei er, sofern er entscheide, ob das öffentliche 
Recht der Anklage ruhen oder ausgeübt werden solle, Partei, 
sowie er einmal durch Erhebung dieser Anklage einen gericht- 
lichen Konflikt zwischen dem öffentlichen Interesse und dem An- 
geklagten herbeigeführt habe. In diesen Ausführungen offenbart 
sich die Auffassung, wie sie in dem Österreichischen Staatskom- 
plex die herrschende seit den letzten dreissig Jahren geworden war. 
Französische Schriftsteller, wie HELIE, Instruktion crimin, 
I 8$ 111, 118, II 88 255, 385, Trebutien, Cours d’instr. II, 
51, haben für die Opportunitätsfrage es als bedingend erachtet, 
dass das Delikt die öffentliche Ordnung wesentlich berühre 
und diese eine Bestrafung fordere — eine Auffassung, welcher
	        
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