Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

— 1314 — 
Literatur. 
Dr. &. J. Rosenberg, Zur Arbeiterschutzgesetzgebung in Russ- 
land. Leipzig, Duncker & Humblot, 1895. Gr. 8. VII u. 155 S. 
3 Mk. 
In heutiger Zeit, wo die soziale Frage den Gegenstand der wissen- 
schaftlichen und gesetzgeberischen Anstrengungen aller Kulturländer bildet, 
ist jede Arbeit mit Freuden zu begrüssen, die unsere Kenntnisse auf diesem 
Gebiete bereichert. Das gilt in erhöhtem Masse, wenn es sich um ein Land 
handelt, von dem wir gewohnt sind, weniger zu hören, als von anderen Län- 
dern. Ganz besonders interessant aber ist für uns die Verfolgung der sozialen 
Gesetzgebung in Russland aus dem Grunde, weil es das einzige Kulturland 
ist, welches nach dem System des Absolutismus regiert wird, in dem also 
die Interessenwiderstände, an denen bei uns die Durchführung der Humanität 
scheitert, aus ihrer ausschlaggebenden parlamentarischen Stellung entfernt 
und zu blossem Erwägungsmaterial für den Herrscher bezw. seine Berather 
herabgedrückt sind. Der Vergleich, den wir mit Hülfe des RosenBEr@e’schen 
Buches anstellen, ist nicht zu Ungunsten des Absolutismus ausgefallen. Ganz 
heimatlich berührt es, wenn wir lesen, wie die russischen Fabrikanten den 
ersten Entwurf des nach 20jähriger Berathung schliesslich am 1. Juni 1882 
in Kraft getretenen Arbeiterschutzgesetzes mit Entrüstung aufgenommen, 
aber, anstatt sich auf die Schädigung ihrer egoistischen Interessen zu berufen, 
diejenigen der Arbeiter vorgeschoben und darauf hingewiesen haben, dass 
durch Beschränkung der Arbeit der Minderjährigen und insbesondere deren 
Beschäftigung bei Nacht, der Verdienst der Arbeiterfamilien geschmälert 
werde, wenn wir weiter hören, wie sie sich gegen die Einführung der Fabrik- 
inspektion ereifern, sich durch das gegen sie gezeigte Misstrauen tief gekränkt 
fühlen und behaupten, dass dadurch in ihr Hausrecht eingegriffen werde. 
Aber wahrhaft herzerquickend ist auch die naturwüchsige Deutlichkeit, mit 
der ein von parlamentarischen Erwägungen der Taktik noch nicht an- 
gekränkelter Bureaukrat, der Generalgouverneur Graf Baranow, diesen Jesui-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.