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einheitlichen Kommunalverbande verschmelzen wird, so dass von ihrer ur-
sprünglichen strengen Scheidung und Isolirung in Verfassung und Verwal-
tung dereinst nichts übrig bleiben wird, als die ermüdende Zahl von Nelson-
und Wellington-Denkmälern, bei deren Anblick der Fremde im meilenweiten
Umkreis von St. Pauls-Kathedrale leicht übersieht, dass diese Zeichen patrio-
tischer Wallungen in Zeiten entstanden sind, da ihre zahlreichen Stand-
orte kaum durch irgend ein merkliches rechtliches Band zu ihrer jetzigen
imposanten Einheit und Grösse verbunden waren. Wer da weiss, wie wenig
gerade englische Schriften auf das Informationsbedürfniss des Fremden
Rücksicht zu nehmen geneigt sind, wird VAUTHIERS knappe und doch inhalts-
reiche Schrift mit grossem Nutzen gebrauchen können.
Stoerk.
M. Hans Klössel, Die Verfassung und Verwaltung der Südafrika-
nischen Burenfreistaaten. Leipzig, Ed. Heinr. Mayer, 1896. gr. 8.
VI und 67 S. 1,50 Mk.
Die hohe Politik, früher die Domäne einer kleinen Minorität, ist durch
die moderne Tagespresse zum Kleinkram geworden, zugänglich dem Urtheil
auch alier Urtheilsiosen. Unablässig tritt neuer Stoff in den Rahmen der
öffentlichen Diskussion, lange bevor die thatsächlichen Grundlagen der
„letzten“ grossen Frage ihre sachliche Klarstellung gefunden haben. Für
die verwickelten Probleme der südafrikanischen Freistaaten bietet darum in
dankenswerther Weise KLösseL das ganze Material in grosser Ausführlich-
keit, das zur Information erforderlich ist; er giebt eine ausführliche Schilde-
rung des Werdeganges der jungen Burenstaaten, in wenigen Strichen eine
Charakteristik des zähen Volksstammes, seiner wirthschaftlichen und politi-
schen Lage und Lebensabrisse ihrer langjährigen Leiter Sır Joun BRAND
und Paurus Krüger. Die Uebersetzung des Grondwets der Südafrikanischen
Republik vom 13. Febr. 1858 mit der vom Volksraad beschlossenen Ab-
änderung vom 12. Febr. 1889 lässt auch in ihren knappen Satzungen einen
Schluss zu auf den naiven Glauben an die Allgewalt ausgeklügelter Konsti-
tutionen. Die Ereignisse am „Rand“ haben all-rdings vor Kurzem wieder
gezeigt, dass jede Verfassung gut ist, wenn jeder Bürger des Staates darin
die Ordnung seines Gemeinwesens erkannt hat, für das er mit ganzer Kraft
einzutreten gewillt ist. Mit Recht erklärt KrösseL aus voller Sachkenntniss
der hier in Betracht kommenden Verhältnisse heraus, dass die Widerstands-
kraft der kleinen Gemeinwesen daraus zu erklären ist, dass der Bur von
Jugend auf lernt, sich für Staatsaufgaben zu interessiren. Wie er als Privat-
person seinen Platz zu bewirthschaften und als Hausvater seine Familie zu
regieren weiss, so ruht auch auf ihm die vornehme, Pflicht, sein Land
regieren zu helfen. Es giebt sehr alte Kulturstaaten, deren Bevölkerungen
sich am Beispiel dieser selbstthätigen und selbstsorgenden jungen Völker-
schaften vor der. nahen Gefahr des Veraltens bewahren könnten.
Stoerk.