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Aufsätze.
Der Staatsvertrag als Staatsgesetz.
Von
Dr. PAuL HEILBORN,
Privatdozent an der Universität Berlin.
In den letzten Jahrzehnten ist das Staatsvertragsrecht viel-
fach zum Gegenstand eingehender Untersuchungen gemacht wor-
den. Trotzdem hat man den Stoff noch nicht in seinem ganzen
Umfange erschöpft. So oft man auch an ihn herantrat, man
fasste meist nur einen Teil von ihm ins Auge: die Erfordernisse
für den gültigen Abschluss des Vertrages. Die Völkerrechtswissen-
schaft behandelt zwar noch seine yölkerrechtlichen Wirkungen,
sowie die Gründe, welche das Erlöschen der völkerrechtlichen
Vertragsverbindlichkeit herbeiführen. Die Staatsrechtswissenschaft
begnügt sich dagegen im allgemeinen mit der Bearbeitung des
erstgedachten Themas. Sie glaubt, ihre Aufgabe gelöst zu haben,
wenn sie festgestellt hat, inwiefern die Bestimmungen einer Staats-
verfassung für die völkerrechtliche Gültigkeit eines Staatsvertrages
von Bedeutung sind, unter welchen Umständen ein Staatsvertrag
als staatsrechtliche Norm in Betracht kommt. Nur gelegentlich
werden die staatsrechtlichen Eigentümlichkeiten eines in staats-
rechtliche Normen umgesetzten Vertrages gestreift. Selbst die
Archiv für Öffentliches Recht. XII. 2. 10