Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Zweifel. Die Eigentümlichkeit besteht bei ZorN darin, dass er 
die Ratifikation eines Staatsvertrages der Sanktion eines Gesetzes 
gleichstellt, in ihr also einen staatsrechtlich wirksamen Willens- 
akt eines Staatsorganes erblickt. Hieraus ergiebt sich dann, — 
unter Annahme der Sanktionstheorie —, dass die Sanktion des 
Vertragsgesetzes durch den Kaiser, nicht durch den Bundesrat 
erfolgt, dass letzterer „nur konform dem Reichstage mitwirkt“. 
Mit anderen Worten: Art. 5 Abs. 1 der Reichsverfassung findet 
auf Vertragsgesetze keine Anwendung; zu diesen ist die Ueber- 
einstimmung der Mehrheitsbeschlüsse von Bundesrat und Reichs- 
tag zwar erforderlich, aber nicht ausreichend; es muss noch die 
Uebereinstimmung des Kaisers erklärt sein. 
ZOORN hat diese Theorie später aufgegeben, nachdem JELLINEK 
ausgeführt hatte, die Ratifikation sei nur eine dem Mitkontrahenten 
gegenüber abgegebene Willenserklärung, aber kein nach innen das 
Recht konstituierender Imperativ, kein Gesetzesbefehl, denn es 
gebe Verträge, deren Inhalt sich nur an die Staatsgewalt wende, 
die nur die Staatsgewalt binden kännen, rn dass ein Imperativ 
an die Staatsangehörigen gar nicht einmal möglich seit. ZORN 
erkannte diesen Einwand als gewichtig an und erklärte deshalb, 
die von ihm früher angenommene juristische Identität von 
Sanktion und Ratifikation sei nicht haltbar®.. Die Entstehung 
des Vertragsgesetzes schildert er jetzt folgendermassen: Die 
„Rechtssetzung erfolgt durch den positiven Akt der Sanktion, 
welcher zugleich das negative Recht des Veto einschliesst. Im 
deutschen Bundesstaate erfolgt die Sanktion durch den Bundesrat. 
Handelt es sich nun bei dem zu setzenden Rechte um einen 
Inhalt, welcher zuvor mit einem dritten Staate auf dem Wege 
des Staatsvertrages vereinbart worden ist, so muss angenommen 
werden, dass in gleicher Weise die Sanktion durch den Bundesrat 
* JELLINER, Die rechtliche Natur der Staatenverträge, Wien 1880, S. 55. 
° Zorn, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. I 2. Aufl., Berlin 
1895, $ 18 S. 506- A. 28.
	        
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