Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

— 149 — 
beider Fälle zeigt deutlich, dass die Vergleichung nicht sehr 
glücklich ist; man wird bis auf weiteres nicht geneigt sein, diese 
Lehre LABANDs anzunehmen. 
Welche Bedeutung hat nun die Willenserklärung des Kaisers? 
(sorıus bemerkt: „Der Bundesrat ist bei internationaler Vertrags- 
schliessung seitens des Reichs eigentlich Kontrahent und wird nur 
formell durch den Kaiser in einheitlicher Weise völkerrechtlich 
vertreten. Damit diese Vertretung eine gültige sei, muss der 
Bundesrat durch Mehrheitsbeschluss der anwesenden Mitglieder 
(Art. 7) seine Zustimmung zum Abschluss (sc. des Vertrages 
selbst) gegeben haben“!°. Wenn der Bundesrat eigentlich Kon- 
trahent ist und nur formell durch den Kaiser vertreten wird, so ist 
letzterer wohl gar nicht als Reichsorgan bei der Vertragsschliessung 
thätig? Es kommt dann wohl auf seinen Willen überhaupt nicht, 
sondern nur auf den des Bundesrats an? Der Vertreter erklärt 
nicht seinen Willen, sondern den des Vertretenen. Das Staatsorgan 
aber erzeugt durch seinen eigenen Willen Staatswillen!!. Der 
(sorıus’schen Bemerkung ist indessen Folgendes entgegenzuhalten: 
erstens ist weder der Bundesrat noch der Kaiser eigentlich Kon- 
trahent eines seitens des Reiches geschlossenen Staatsvertrages; 
dieser eigentliche Kontrahent ist niemand anders als das Deutsche 
Reich selbst. Zweitens ist der Bundesrat kein nur formell durch 
den Kaiser vertretenes völkerrechtliches Organ des Deutschen 
Reiches, sondern der Kaiser selbst nimmt diese Stellung ein. 
Unserer Ansicht nach ist der Bundesrat für andere Staaten 
überhaupt nicht vorhanden, hat Art. 11 Abs. 2 und 3 der 
Reichsverfassung nur staatsrechtliche Bedeutung". Darauf 
kommt es jedoch jetzt nicht an. Der Kaiser wäre selbst dann 
10 Gorıus, Das Vertragsrecht des Deutschen Reiches, Hirths Annalen 
1875, S. 587. 
11 JELLINEK, System der subjektiven öffentlichen Rechte, Freiburg i.B. 
1892, S. 218. 
12 HEıLBoRN, Das System des Völkerrechts entwickelt aus den völker- 
rechtlichen Begriffen, Berlin 1896, S.: 143—164.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.