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diese den in den spanischen Cortes nicht zur Abstimmung ge-
langten Handelsvertrag zurückzieht !%,*
Vom Bundesrate ist hierbei mit keinem Worte die Rede; er
brauchte auch gar nicht befragt zu werden. Art. 11 der Reichs-
verfassung ist in dieser Hinsicht klar genug. Er schreibt für ge-
wisse Verträge die Zustimmung des Bundesräts und die Geneh-
migung des Reichstages vor; damit ist aber nicht gesagt, dass
der Kaiser zur Ratifikation schreiten muss, wenn jenes Einver-
ständnis erklärt ist. Er wird nicht wie der schweizerische Bundes-
rat mit der Auswechselung der Ratifikationen beauftragt!'®. Er
braucht diese Handlung selbst dann nicht vorzunehmen, wenn
der andere Kontrahent dazu bereit ist.
Von dem Willen des Kaisers hängt aber nicht nur das Zu-
standekommen des Vertrages, sondern auch das des Vertrags-
gesetzes ab. Man wird geneigt sein, das Inkrafttreten des letzteren
als ein rechtlich notwendiges zu betrachten: haben Bundesrat und
Reichstag ihre Zustimmung erklärt, so entscheidet der Kaiser
deutscherseits über die Vornahme der Ratifikation; insoweit ist
sein Wille frei; nachdem die Auswechselung der Ratifikationen
stattfand, ist er aber zur Ausfertigung und Verkündigung des
Vertragsgesetzes ebenso verpflichtet, wie zu der jedes anderen
Reichsgesetzes; er darf sie nicht verweigern, denn das Gesetz be-
darf seiner Zustimmung nicht. Einer solchen Auffassung ver-
mögen wir jedoch nicht Folge zu leisten. Es handelt sich um
einen Vertrag, welcher nach Art. 11 Abs. 3 der Reichsverfassung
durch Erlass des Vertragsgesetzes ausgeführt werden soll und
muss. Will der Kaiser den ersteren, so will er auch das letztere,
so muss er aus logischen Gründen wollen; die Eingehung des
Vertrages hätte sonst keinen Sinn. Will der Kaiser das Ver-
tragsgesetz nicht, so kann er auch den Vertrag nicht wollen.
14 Reichsanzeiger Nr. 163 vom 13. Juli 1894.
15 Vgl. BLumer-Morkt, Handbuch des schweizerischen Bundesstaats-
rechts, Bd. III 2. Aufl., Basel 1887, S. 848 ff., insbesondere S. 849—350.