Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

— 153 — 
Eins ist freilich zuzugeben: haben Bundesrat und Reichstag 
ihre Zustimmung ausgesprochen, ist die Auswechselung der Rati- 
fikationen erfolgt, so muss der Kaiser das Vertragsgesetz ver- 
kündigen; das ist seine verfassungsmässige Pflicht, weil er es 
bereits ausgefertigt hat. Die Ausfertigung hat er aber nicht in 
Erfüllung einer Pflicht, sondern aus freier Entschliessung vorge- 
nommen. Von einer Pflicht wäre nur insofern zu reden, als der 
Kaiser staatsrechtlich verpflichtet ist, so viel an ihm liegt, für 
die Erfüllung der völkerrechtlichen Pflichten des Reiches Sorge 
zu tragen, damit er dasselbe nicht den Folgen der Pflichtverletzung 
aussetze. 
Ueber die Ausfertigung des Vertragsgesetzes ist Folgendes 
zu bemerken: Jedes Gesetz muss in einer vom Kaiser unter- 
zeichneten ÖOriginalurkunde vorhanden sein. LABAND hebt sehr 
zutreffend hervor, der Reichskanzler müsse für ihre Aufbewahrung 
Sorge tragen, um sich nötigenfalls verantworten zu können und 
damit etwaige Zweifel an der Richtigkeit des im Gesetzblatt ge- 
lieferten Abdruckes erledigt werden können '!®. Ganz dasselbe muss 
vom Vertragsgesetz gelten. Da nun das mit der Unterschrift des 
Kaisers versehene Vertragsexemplar dem Mitkontrahenten aus- 
gehändigt wird, so müsste das Vertragsgesetz noch in einer be- 
sonderen Urkunde ausgefertigt werden!’”. Diese beiden Ausferti- 
gungen sollten, vom eigentlichen Texte abgesehen, in der Form 
verschieden sein; man mag das bei LABAnD nachlesen, es inter- 
essiert hier nicht. Die besondere Ausfertigung des Vertrags- 
gesetzes unterbleibt jedoch nach LABAnDs Aussage im Deutschen 
Reiche. Demgemäss erfolgt hier die Ausfertigung des Vertrages 
und des Vertragsgesetzes in einer Urkunde und zwar vor dem 
Austausch der Ratifikationen. Der Kaiser erteilt dem Reichs- 
kanzler gleichzeitig zwei Befehle: den Austausch der Ratifikationen 
und die Verkündigung des Vertragsgesetzes zu bewirken. Wie 
16 LaBann, $ 55 S. 537—538. 
 Ebenda $ 62 S. 632-633.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.