Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Nach Art. 5 Abs. 1 der Reichsverfassung ist die Ueber- 
einstimmung der Mehrheitsbeschlüsse von Bundesrat und Reichs- 
tag zu einem Reichsgesetze erforderlich und ausreichend. Das 
ist der allgemeine Grundsatz; durch ihn werden Ausnahmen 
keineswegs ausgeschlossen, wie denn Abs. 2 des Art. 5 und 
Art. 78 solche enthalten. Es fragst sich also nur, ob Art. 11 
eine weitere Ausnahme geschaffen hat. 
Von seiner Bedeutung für den völkerrechtlichen Abschluss 
der Verträge abgesehen, hat Art. 11 Abs. 3 der Reichsverfassung 
verhindern wollen, dass die von ihm bezeichneten Staatsverträge 
ohne Zustimmung von Bundesrat und Reichstag als Vertrags- 
gesetze in Kraft treten, d. h. ohne Zustimmung der ordentlichen 
gesetzgebenden Faktoren. Damit ist aber nicht gesagt, dass 
dieselbe in diesem Falle ausreiche. Freilich kann man auch 
nicht behaupten, dass der Unterschied von den Rednern klar er- 
kannt worden sei, welche bei der Verfassungsberatung über Art. 11 
und die zu ihm gestellten Anträge im Reichstage gesprochen 
haben. Um nur eins zu erwähnen, so sagte Dr. v. GERBER zu 
dem bekannten Antrage ERXLEBEN und Genossen : „Dieser An- 
trag enthält in seinem Schlusssatze, um das gleich hier zu be- 
merken, einen Aenderungsantrag des zweiten“ (jetzt dritten) 
„Alineas unseres Artikels, wonach die Verträge, welche die 
Bundesgewalt mit fremden Staaten abschliesst, insoweit als sie 
in den Bereich der gesetzgebenden Gewalt des Bundes fallen, 
auch den Formen der Gesetzgebung unterliegen sollen. In dieser 
Beziehung würde ich mich dem Antrage durchaus anschliessen“ ?°, 
Auch wenn sie von mehreren Seiten geteilt werden, sind solche 
Interpretationen doch nicht von ausschlaggebender Bedeutung 
gegenüber dem klaren Wortlaut und dem logischen Sinne des 
(sesetzes selbst *!, 
0 BezoLp, Materialien der Deutschen Reichsverfassung, Bd. I, Berlin 
1873, S. 680. 
?ı Vgl. Entsch. des Reichsgerichts in Zivilsachen, Bd. XXXIIT, S. 160 ff. 
11*
	        
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