Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Art. 11 Abs. 3 der Reichsverfassung sagt nicht etwa: der 
vom Kaiser abgeschlossene Vertrag kann nur durch ein Reichs- 
gesetz staatsrechtliche Wirksamkeit erlangen, sondern : der Kaiser 
soll das Reich nur unter Zustimmung des Bundesrats und Ge- 
nehmigung des Reichstages verpflichten. Die Einwilligung beider 
wird nicht nur dem Vertragsgesetze, sondern auch dem Vertrage 
selbst erteilt. Bei unbefangenem Studium des ganzen Art. 11 
erhält man den Eindruck, derselbe unterscheide überhaupt nicht 
zwischen den völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Wirkungen 
der einschlägigen Handlungen des Kaisers; was derselbe thut, 
soll auch staatsrechtlich gültig sein, vorausgesetzt, dass er die 
Zustimmung der betreffenden Faktoren einholt. Man darf wohl 
sagen: weil Bundesrat und Reichstag ihre Zustimmung erteilt 
haben, hat das Vertragsgesetz die Kraft eines ordentlichen Reichs- 
gesetzes; verfehlt aber wäre die andere Schlussfolgerung : weil 
die Zustimmung von Bundesrat und Reichstag erfordert wird, 
sei sie auch ausreichend. Hinsichtlich der Notwendigkeit einer 
kaiserlichen Willenserklärung macht Art. 11 der Reichsverfassung 
zwischen Vertragsgesetzen und Vertragsverordnungen keinen Un- 
terschied. 
Die Reichsverfassung kennt demnach zwei verschiedene gesetz- 
gebende Gewalten. Zwar erwähnt sie die hier besprochene nicht 
ausdrücklich, aber sie hat sie durch Art. 11 geschaffen. Die 
Stellung des Kaisers ist dem Entwurf eines Vertragsgesetzes 
gegenüber noch eine andere als in denjenigen Fällen, in denen 
ihm sonst thatsächlich ein Veto zusteht. Nach Art. 5 Abs. 2 
und Art. 78 kann der König von Preussen im Bundesrate nicht 
überstimmt werden??”. Nachdem ein gültiger Bundesratsbeschluss 
zu stande gekommen ist, darf der Kaiser aber die Ausführung 
nicht hindern; er mag seine Ansicht über die fragliche Angelegen- 
heit nachträglich geändert haben; das Gesetz muss er trotzdem 
ausfertigen. Beim Vertragsgesetzentwurf dagegen ist der Kaiser 
2: Für Verordnungen des Bundesrates vgl. Art. 37 der Reichsverfassung.
	        
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