Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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gesetzgebung als ein Reservatrecht Bayerns an- 
erkannt ist“ #. 
In dieser Form, wie der Kommissionsbericht und die Aeusse- 
rung des bayerischen Vertreters hier gefasst sind, sind sie geeignet, 
eine missverständliche Auffassung’ über das Verhältniss des Bürger- 
lichen Gesetzbuches zu den bayerischen Reservatrechten hervor- 
zurufen, welcher, — da bei der schleunigen Reichstagsberathung 
eine Öffentliche Erörterung vor der Beschlussnahme nicht mehr 
möglich war — hier entgegenzutreten gestattet sei. Der Aus- 
spruch, dass das bayerische Reservatrecht durch das Bürgerliche 
Gesetzbuch „nicht berührt“ werde, kann nämlich so verstanden 
werden, als ob das Bürgerliche Gesetzbuch in Bayern als minderes 
Recht auftrete, derart, dass, wenn das bayerische Reservatrecht 
etwas enthalte, was mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Wider- 
spruch steht, alsdann das Reservatrecht und nicht das Bürger- 
liche Gesetzbuch gelte. Diese Auffassung würde m. E. aus folgenden 
(ründen durchaus unzutreffend sein: 
Die Reichsverfassung normirt die Zuständigkeit des Reiches 
im Art. 4 unter 18 Nummern, welche die einzelnen Materien der 
Reichskompetenz enthalten: davon ist den Materien unter No.]1, 
8 u. 10 eine Einschränkung in Bezug auf bayerische bezw. 
württembergische Rerservatrechte beigefügt, den anderen Nummern 
nicht. Der folgende Auszug mag dies vergegenwärtigen: 
„Art. 4. Der Beaufsichtigung Seitens des Reichs und der Ge- 
setzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegen- 
heiten: 
1. die Bestimmungen über Freizügigkeit, Heimaths- und 
Niederlassungsverhältnisse, Staatsbürgerrecht, Passwesen und 
Fremdenpolizei, über den Gewerbebetrieb, einschliesslich des 
Versicherungswesens, soweit diese Gegenstände nicht schon 
durch den Art. 3 dieser Verfassung erledigt sind, in Bayern 
* Stenographischer Bericht derselben Session. Sitzung vom 80. Juni 
1896, S. 3060, 3051.
	        
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